Andreas Kepplinger

Zu deiner Person, Geburtsjahr und Geburtsort?

Andreas Kepplinger: 1983 in Linz.

Und du lebst in Linz?

Andreas Kepplinger: Ich lebe seit Anfang an in Leonding. Also ich bin kein Linzer, aber Leondinger direkt am Stadtrand.

Welche kunst- und kulturbezogenen Aktivitäten übst du derzeit aus?

Andreas Kepplinger: Derzeit eigentlich nur mehr die Arbeit für junQ.at, für den Verein, und halt meine freie Fotografentätigkeit, wo ich einfach mache, was mich freut.

Irgendwelche Gremien, Beiräte?

Andreas Kepplinger: Nein, momentan nicht.

Wie würdest du deine Tätigkeit am ehesten bezeichnen?

Andreas Kepplinger: Das ist immer schwer, weil ich einfach so viele kleine Geschichten nebenbei mache. Derzeit sage ich meistens Redakteur und Fotograf. Das ist meine Tätigkeit, die ich halt meistens bei junQ.at mache.

Zu junQ.at. Das Gründungsjahr von junQ.at?

Andreas Kepplinger: Offiziell 2008, also das war, bevor ich dazugekommen bin. Dann die große Neugründung mit dem neuen Magazin subtext.at 2009.

Welche Zielgruppen werden deiner Meinung nach besonders durch die Arbeit von junQ.at angesprochen?

Andreas Kepplinger: Derzeit Kunst- und Kulturinteressierte bis 30 Jahre.

Von der geografischen Reichweite, wie weit würdest du sagen geht das?

Andreas Kepplinger: Also im Online-Magazin sind natürlich ein paar Themen sehr Linzbezogen, aber gerade wenn es um Musik oder Computerspiele oder was auch immer geht, gilt das eigentlich für den kompletten deutschsprachigen Raum. Wir haben auch Leute aus Wien und Graz, die einfach mitarbeiten, die wir teilweise noch nie persönlich kennengelernt haben, die schicken einfach Beiträge und fertig. Aber sonst konzentriert es sich schon sehr stark auf Linz und Oberösterreich. Aber wir versuchen halt, das möglichst bei den Themen so zu streuen, dass es nicht nur für Linzer interessant ist.

Wenn man junQ.at als gesamtes betrachtet: In welchen künstlerischen Disziplinen bzw. kulturellen Arbeitsfeldern würdest du sagen, liegt der Hauptschwerpunkt? Oder wo ist die Einrichtung hauptsächlich tätig?

Andreas Kepplinger: Der eine Hauptschwerpunkt ist journalistisch, das ist eben das Online-Magazin und das Print-Magazin frischluft.at, wo wir versuchen Interessierte, die einfach mitschreiben wollen, journalistische Grundlagen zu vermitteln und qualitative, journalistische Arbeit zu vermitteln, und ihnen umgekehrt aber die Freiheit lassen über Themen, die sie interessieren. Insbesondere bei frischluft.at – das Magazin hat eine jüngere Zielgruppe, wird auch dann in Schulen, Oberstufen verteilt – lassen wir Sachen, wo wir sagen, ok, das ist jetzt nicht so der top-journalistische, qualitative Standpunkt, aber es ist ein Schülermagazin. Die wollen das so, wir haben ihnen erklärt, wie sie es machen sollen, sollten, können, und so ist es halt.

Und abseits der Medienarbeit? Seid ihr künstlerisch auch aktiv?

Andreas Kepplinger: Das ist die zweite Schiene, das sind unsere Qlashes, die Musikveranstaltungen, die von uns kuratiert werden. Wir suchen uns die Bands aus, immer eine Mischung aus etwas bekannteren, welche die Leute herholen, und dann unbekannten Bands, denen wir die Möglichkeit geben, dass sie einmal auf einer Bühne stehen, bezahlen auch Honorare für die Bands. Es ist also nicht so, dass die bei uns gratis spielen müssen, dafür ist es umgekehrt, dafür arbeiten wir gratis.

Die finden hauptsächlich in der Stadtwerkstatt statt?

Andreas Kepplinger: Momentan hauptsächlich in der Stadtwerkstatt. Es waren aber auch schon welche in der Kapu, einmal war eines in Wels. Wir wollen eigentlich einmal im Jahr irgendwo außerhalb von Linz eines machen und sind im Gespräch mit dem Röda in Steyr zum Beispiel.

Gibt es in Bezug auf die vorhandene räumliche und technische Infrastruktur aktuell einen Handlungsbedarf, d. h. den Wunsch nach quantitativer oder qualitativer Verbesserung?

Andreas Kepplinger: Ja, natürlich. Da wir momentan nur Untermieter sind im bb15 und dort offiziell genau einen Schreibtisch gemietet haben, sind wir eigentlich relativ froh, dass wir trotz der Galerietätigkeit dort gut aneinander vorbei arbeiten können. Also wir stehen uns selten im Weg. Wir können dort die großen Räumlichkeiten auch nutzen, aber eigentlich wenn … es ist uns schon passiert, dass wir für Workshops und Veranstaltungen, die wir gemacht haben, einfach komplett ausweichen haben müssen, weil da war an dem Tag eine Vernissage oder eine Ausstellung und dann ging es einfach nicht, dann konnten wir die großen Räumlichkeiten nicht haben. Und dadurch ist es natürlich schwierig, weil gerade bei so einem Jugendprojekt, wo eigentlich mehr das Ziel wäre, dass sich die Leute auch treffen und viel beim Reden und beim Zusammensitzen passiert … und man hat dann nicht diesen eigenen Ort, den man selber nutzen kann, wie man will, sondern man muss sich immer mit anderen absprechen. Das macht es halt ein bisschen schwierig.

Habt ihr eigentlich quantifiziert auch wie groß dieser Bedarf ist? Also jetzt vom Raumbedarf meine ich.

Andreas Kepplinger: Wir haben es festgelegt mit einem Büroraum mit zwei Arbeitsplätzen und ein Besprechungsraum für bis zu 20 Personen, den wir brauchen, den wir dann eben für Redaktionssitzungen oder auch Workshops nutzen würden. Die Workshops, die junQ.at veranstaltet, entstehen immer spontan. Das sind journalistische Sachen oder Fotografie oder wir haben auch schon Diskussionsveranstaltungen zu politischen Themen gemacht, da waren wir dann natürlich ganz wo anders von der Größe her. Das ist immer, was uns gerade einfällt, da gibt es keinen fixen Plan, was wir da machen.

Wie sieht es mit Personal aus? Wie viele Personen waren mit Stand 1. Jänner diesen Jahres beschäftigt, also nicht nur aktiv, sondern haben in irgendeiner Art und Weise, sei es über ein Anstellungsverhältnis oder über freie Dienstverträge, Werkverträge ein Entgelt oder Honorar erhalten?

Andreas Kepplinger: Niemand.

Das heißt, es basiert alles auf freiwilliger Basis?

Andreas Kepplinger: Alles rein ehrenamtlich, ja.

Und wenn man sich ein typisches Projekt oder ein durchschnittliches Arbeitsmonat ansieht, je nachdem was praktikabler ist: wie viele Personen sind insgesamt freiwillig, also auf ehrenamtlicher Basis, tätig für junQ.at?

Andreas Kepplinger: Im Vorstand des Vereins sind wir acht Leute, von denen sind sechs sehr aktiv, die machen also den Großteil der organisatorischen Arbeit. Und dann gibt es halt die Leute, die nur einmal einen Artikel schicken. Und wenn es in zwei Monaten ein Artikel ist, ist das auch in Ordnung. Also wir verpflichten niemanden zu einem stärkeren Commitment, Jeder macht das, wie weit er halt will. Es muss halt immer dieses Kernteam da sein, das für die Organisation sorgt und schaut, dass immer etwas passiert. Also das sind diese sechs Leute momentan und im Dunstkreis, alle die irgendwann einmal irgendwo mitgearbeitet haben, das sind sicher 30 bis 40 Leute. Aber die sind nicht einmal alle Vereinsmitglieder, sondern die machen einfach mit.

Zur kulturellen Entwicklung, Situation und Zukunft von Linz. Wenn wir wo „Kulturstadt Linz“ stehen haben, was würdest du mit dem in Verbindung bringen?

Andreas Kepplinger: Ars Electronica, Klangwolke, also die zwei großen Player, die es seit langem gibt, und der verzweifelte Versuch aus einer Industriestadt eine Kulturstadt zu machen.

Und wenn du die letzten Jahre ansiehst, also die letzten höchstens zehn Jahre, ab 2000. Was ist deiner Meinung nach besonders gut in der kulturellen Entwicklung dieser Stadt gelaufen?

Andreas Kepplinger: Ja, die zwei großen Projekte, Ars Electronica und Klangwolke laufen nach wie vor, die gibt es noch immer und die ziehen auch noch immer die Massen an. Sonst, relativ Neues, Großes ist nicht passiert. Im Kleinen tut sich vieles. Also ich habe schon mitbekommen, dass viele neue Vereine entstanden sind. Gut, es sind viele alte weggebrochen. Nur, es gibt von der Stadt nicht dieses fixe Commitment: Macht etwas! Tut etwas! Sondern eher so: Ja, macht halt. Wir stören euch nicht unbedingt, aber wir unterstützen euch auch nicht wirklich.

Irgendetwas, was dir sonst noch aufgefallen ist, wo du dir gedacht hast, das ist besonders gut gelaufen in der Entwicklung der letzten Jahre?

Andreas Kepplinger: Auf die letzten zehn Jahre bezogen fällt mir nicht wirklich etwas ein.

Auf der anderen Seite, wo du dir gedacht hast, das ist überhaupt nicht gut gelaufen, oder kulturelle Entwicklungen wo du überhaupt nicht zufrieden warst?

Andreas Kepplinger: Ich würde jetzt Linz09 weder in das eine noch in das andere einordnen. Das ist sehr unterschiedlich zu sehen, weil ich bin ja erst spät bei Linz09 eingestiegen. Ich habe erst 2009 angefangen, das heißt diese gesamte Vorgeschichte, der Streit mit der Freien Szene ist ziemlich an mir vorbeigegangen, das habe ich auch nicht wirklich – außer am Rande aus den Medien – mitbekommen. Aber im Nachhinein kann ich mir gut vorstellen, woran das gescheitert ist. An einzelnen handelnden Personen und an einem grundsätzlich falschen Verständnis von dem, was eine Kulturhauptstadt ist. Auf beiden Seiten, glaube ist. Und ich weiß nicht, ob man das besser hätte lösen können, dazu kenne ich die ganze Vorgeschichte wirklich zu wenig, aber das ist halt ein Problem, das ich schon sehe, dass einfach viele aus einer Beleidigung heraus … also Leute aus der Freien Szene aus einer Beleidigung heraus oder aus irgendeiner Kränkung das dann komplett verweigert haben und eigentlich tolle Chancen einer Mitarbeit nicht genutzt haben, weil sie einfach „angefressen“ waren. Und das merkt man jetzt im Nachhinein, da fehlt etwas. Also das wären die gewesen, die vor Ort sind, die weitermachen hätten können irgendwo. Umgekehrt kann genau dieses Loch das sein, das neues kreatives Potenzial hervorbringt.

Auf Linz09 komme ich gleich dann noch einmal zurück. Wenn wir ein bisschen über den Tellerrand hinausschauen, womit kann Linz deiner Meinung nach in einem Städtewettbewerb punkten, wenn man es mit vergleichbaren Städten in Verbindung setzt, also Salzburg, Innsbruck oder Graz, von der Größe her, jetzt nicht mit Wien, sondern mit ähnlich großen Städten.

Andreas Kepplinger: Da kann Linz eigentlich dadurch punkten, dass es nicht so eindeutig positioniert ist. Also gerade wenn man Salzburg ansieht: das ist eine Museumsstadt quasi, also nicht dass es viele Museen hat, sondern die Stadt als ganzes ist ein Museum und kitschig und die schaffen keine andere Positionierung mehr und wollen auch keine. Die sind Mozart und Ende. Graz hat sich jetzt relativ gut positioniert, eigentlich ziemlich unabhängig von Graz03 dann als Designstadt, was auch eine gute Chance für Linz gewesen wäre, aber das ist verspielt. Innsbruck setzt teilweise ziemlich auf schräge Architektur, wenn man bedenkt wie viele Zaha-Hadid-Gebäude dort schon stehen. Linz hat … also das bekomme ich oft mit, wenn Leute von außerhalb kommen, die nehmen Linz vorher nicht so wahr, das ist einfach nur eine Stadt, die dann aber sagen, es ist eigentlich überraschend frei und vielseitig und vieles möglich. Also es ist eben genau das, dass es nicht nur Mozart ist und nicht nur das eine oder nur das andere, sondern die Kleinteiligkeit. Das macht es aber auch sehr schwer, Linz eindeutig zu positionieren.

Würdest du sagen unter den jetzt genannten Städten ist Linz die offenste, freieste und vielfältigste?

Andreas Kepplinger: Wenn man nicht weiter in die Tiefe geht, kann man das sagen.

Zur Kulturstadt, zu dem Begriff noch einmal zurück. Wie weit denkst du, dass Linz überhaupt international als Kulturstadt wahrgenommen wird? Und wenn es international als Kulturstadt wahrgenommen wird, wie weit reicht diese Wahrnehmung deiner Meinung nach geografisch?

Andreas Kepplinger: Linz als ganzes als Kulturstadt wird, glaube ich, nicht so stark wahrgenommen als zum Beispiel die Ars Electronica alleine. Ars Electronica ist einfach ein Festival, das in seinem Bereich einen Namen hat und das ist bekannt. Ich glaube, den meisten Leuten sagt Ars Electronica sogar mehr als Linz. Das ist halt in Linz, aber da ist die Stadt eher egal, da ist das Festival und das ist das interessante. Und sonst, von der Positionierung her im deutschsprachigen Raum, ist Linz schon bekannt. Also das habe ich auch schon oft genug in Deutschland gemerkt. Die Stadt selber sagt einem etwas, allerdings ist meistens die Assoziation noch immer sehr geschichtlich: „Das ist doch die ehemalige Patenstadt Hitlers“ Wie sich jetzt das Bild ein bis zwei Jahre nach Linz09 verändert hat, kann ich noch nicht wirklich sagen. Ob das funktioniert hat, was gedacht war.

Vielleicht weiter zu Linz09. Kannst du ein Resümee von Linz09 anhand von maximal drei Punkten ziehen? Was fällt dir da als erstes ein?

Andreas Kepplinger: Es gab Probleme innerhalb der Kommunikation, weil man einfach so viele Projekte … also das war einfach auch mein Arbeitsteil für Linz09 … weil wir so viele Projekte hatten. Mir sind ein paar kleine Projekte, die ich extrem wertgeschätzt habe, untergegangen zwischen den ganzen großen. Aber das war einfach durch diese Dichte des Programms. Da kann man sich im Nachhinein fragen, ob nicht weniger vielleicht mehr gewesen wäre. Weil manche kleine Sachen sind untergegangen. Umgekehrt, die haben alle ihr Publikum gefunden, die waren durchaus erfolgreich, nur das ist genau das Problem dann in der Gesamtwahrnehmung, da heißt es dann: „Da war ja nichts.“ Weil das nicht die großen Riesenprojekte waren, die alle mitbekommen haben. Und alle anderen behaupten dann, Linz09 war kein Erfolg, weil da waren ja keine Leute. Obwohl es einfach so viele nette kleine Projekte gab, wo alle Leute, die dort waren, zufrieden waren und das alles super funktioniert hat. Aber es waren halt nicht diese großen Massendinger, was ich eigentlich viel angenehmer finde. Wenn ich an die ganzen kleinen Literaturprojekte vom StifterHaus denke zum Beispiel oder an Theaterlust 2. Diese ganzen kleinen Vorstellungen irgendwo in einer Privatwohnung oder im öffentlichen Raum. Da haben nicht viele Leute mitmachen können. Ein Theaterstück in einem Bus, da war einfach der Bus voll. Aber die, die dort waren und mitgemacht haben und sich das angesehen haben, fanden es extrem toll. Nur im Nachhinein höre ich halt oft, dass da nichts war. Das ist einfach nicht so groß wahrgenommen worden, das Programm war zu viel, als dass das irgendwer in seiner gesamten Masse erfassen hätte können.

Also Programm zu dicht und dadurch kleine interessante Projekte, die ein bisschen an Wahrnehmung gelitten haben.

Andreas Kepplinger: Aber die Qualität war ok. Die Wahrnehmung hat einfach gelitten. Die Qualität war aber extrem toll. Weil ich glaube, noch mehr größere Projekte wären nicht gut gewesen. Das Zweite ist halt das Problem der Politik, die Linz09 als Firma gegründet hat und dann einfach einmal alleine arbeiten hat lassen, was zwar von der Unabhängigkeit her ganz gut ist, aber teilweise auch eindeutig kommuniziert hat: Das ist uns ziemlich egal was ihr tut und wir sind froh, wenn es vorbei ist und dann ist einmal Ruhe. Also gerade ein paar Aussagen, die in die Richtung gingen: Jetzt ist es Gott sei dank vorbei. Und das hat man 2010 auch gemerkt, dass es einfach aus war. Da wollte dann niemand mehr etwas tun und da war dann einmal zwei Monate Ruhe. Da ist ziemlich verabsäumt worden, irgendwie einen Schwung mitzunehmen und das hat man in vielen Bereichen in der Zusammenarbeit mit der Stadt gesehen, dass … die haben einfach auch kein Interesse gehabt an dem, was wir tun, das ganze Know-How, das in fünf Jahren in der Firma erarbeitet wurde, ist mit den Leuten, die gegangen sind, weg. Es war auch nie der Auftrag da, das irgendwie groß aufzuarbeiten oder geregelt in einer besseren Form zu übergeben. Das ist dann meistens irgendwie ganz kurzfristig passiert. Da rede ich von Verteilerlisten in der Kommunikation zum Beispiel, die jetzt teilweise weiterverwendet werden oder auch nicht, weil einfach keiner weiß, wo die sind oder wer das gemacht hat. Oder Bildmaterial, das irgendwie zwar jetzt im Archiv der Stadt liegt, aber keiner hat Zugriff darauf.

Also organisatorische Probleme, weil nicht daran gedacht worden ist, wie man diese Parallelstruktur dann in den Regelbetrieb überleitet.

Andreas Kepplinger: Genau, also es war alles so aufgebaut, von Null auf Hundert, dann auch im Jahr 2009 die Firma Linz09 irrsinnig groß, und dann wurde ein Schlussstrich gezogen. Ich glaube, Planposten hat es für 2010 insgesamt sechs gegeben. Also es war an die Rückeinführung dieser ganzen Informationen zurück in die Stadt … das war von vornherein nie geplant und ist im Nachhinein auch nie hundertprozentig umgesetzt worden. Da ist, glaube ich, in manchen Teilbereichen vieles verloren gegangen, wo sie dann wahrscheinlich in fünf Jahren einmal draufkommen werden, dass da etwas abgeht.

Einen Punkt kannst du noch erwähnen.

Andreas Kepplinger: Ich glaube trotzdem, dass es etwas gebracht hat, weil viele Linzer haben eben diese Wahrnehmung von Kunst und Kultur für alle … die ist ziemlich dadurch getragen worden und da haben viele Leute mehr mitgemacht, die vorher einfach beim Begriff „Kunst und Kultur“ wahrscheinlich die Flucht ergriffen hätten. Das dauert jetzt halt eine Zeit. Den Leuten muss man wieder ein Angebot geben, wo sie wieder mitmachen können, für die muss wieder etwas geschaffen werden. Jetzt haben sie das einmal erlebt, wie es funktionieren kann. Das sind aber nicht die Leute, die jetzt von selbst etwas entwickeln würden, aber man hat zumindest gesehen, es kann funktionieren, es kommen Interessierte, es machen Interessierte nämlich auch mit, nicht nur, dass sie als Besucher kommen, sondern wir haben ja in vielen Bereichen Volontäre gehabt oder wenn man sich ansieht, die ganzen Leute, welche die Tiere bei der Klangwolke gebastelt haben. Also es gibt schon eine große Gruppe, die Bereitschaft hat, mitzuarbeiten, aber die muss man irgendwie einbinden und einladen. Und da fehlt meiner Meinung nach jetzt ein bisschen das Angebot nachher.

Gehen wir weiter zu drei Fragen, die mit dem strukturellen Kunst- und Kulturfeld in Linz zu tun haben. Als erstes würde mich interessieren, wie du das Verhältnis von Hochkultur zu Subkultur zu Volkskultur in Linz einschätzt.

Andreas Kepplinger: Das Verhältnis von Hochkultur zu Subkultur ist teilweise ganz gut, also wenn ich jetzt die Museen in Kombination mit den Leuten der Freien Szene … da gibt es relativ viele Überschneidungen, da gibt es personelle Überschneidungen oder Bekanntschaften, und wenn sie nicht unbedingt in allen Bereichen zusammenarbeiten, sie kennen sich zumindest und sie reden miteinander. Schwieriger, das bekomme ich so am Rande mit, ist der Bereich mit den Theatern, also Landestheater und im Musikbereich, da gibt es offensichtlich diese Überschneidungen nicht so stark, oder ich bekomme sie auf jeden Fall nicht so mit. Und Volkskultur ist, glaube ich, ganz außen vor. Die machen ganz was eigenes, da gibt es fast keine Überschneidungen, wobei ich nicht einmal sagen kann, woran das liegt. Ich nehme Volkskultur in Linz gar nicht so wahr. Das ist außerhalb, in der Peripherie, aber in der Stadt selber ganz wenig.

Wie würdest du es vom Stellenwert her beschreiben? Also Volkskultur hast du jetzt beschrieben, aber auch der Stellenwert von Hochkultur und Subkultur, den diese in der Stadt einnehmen? Hat sich da auch etwas verschoben in deiner Wahrnehmung?

Andreas Kepplinger: Nein, ich glaube sogar, dass die Hochkultur, also wenn man die Museenlandschaft … das sogar aufgewertet wurde, weil die Museen bekannter sind und die Kooperationen derzeit besser funktionieren. Die sind mehr aufgewertet worden. Umgekehrt haben sie sich aber auch niedriger positioniert. Nicht niedriger im Sinne von qualitativ schlechter, sondern offener und freier und vom Zugang her. Die Hürde, in ein Museum zu gehen, ist ein bisschen gesenkt worden, was ja prinzipiell nicht schlecht ist. Und möglicherweise kann das dazu führen, dass eben durch diese Zusammenarbeit mit einer Freien Szene sich da etwas entwickeln kann. Aber das muss auch gewollt und geplant werden, das entsteht nicht von selber.

Wenn du dir künstlerische Disziplinen ansiehst, egal ob jetzt Grafik, Malerei, Musik, Literatur, Tanz, Theater, Film, Fotografie, also die ganze Bandbreite an künstlerischen Disziplinen. Wo würdest du meinen, dass in der Stadt noch Entwicklungspotenzial vorhanden ist? Also wo du in den letzten Wochen, Monaten oder Jahren einmal darüber diskutiert und dir gedacht hast, auch aus einer Selbstbeobachtung heraus: Eigentlich komisch, dass in der Stadt in dem Bereich nicht mehr passiert ist, obwohl doch das Potenzial vorhanden wäre.

Andreas Kepplinger: Eigentlich fast in allen Bereichen. Also vom Tanztheater bekomme ich es halt öfter mit, weil die machen einfach auf sich und auf ihre Situation aufmerksam. Was ich sehr tragisch finde – und das seit Jahren – ist, dass es so wenig Verknüpfung gibt mit den Linzer Institutionen, gemeinsam mit der Kunstuniversität und der Bruckneruniversität. Sprich es gibt Ausbildungsstätten für alle diese Teilbereiche in Linz und die arbeiten einfach komplett eigenständig irgendwo vor sich hin und haben mit dem Rest der Stadt nur ein paar persönliche Anknüpfungspunkte. Das dann mehr Zufall ist, aber nichts Institutionalisiertes. Das wundert mich fast ein bisschen, dass jeder da so eigenbrötlerisch vor sich hin arbeitet. Oder dass es zwar in Linz Crossing Europe gibt, aber das wenig Unterstützung von der öffentlichen Hand erhält, und zwar eben auch vor sich hin arbeiten darf, aber nicht wirklich mehr unterstützt wird. Das ist es, was mich immer massiv wundert. Das war meine eigene Erfahrung in der Kunstuniversität, dass man da einfach sitzt in der Uni, man geht nicht raus. Das liegt zwar sehr stark auch an den einzelnen Professoren, aber richtig … die Kunstuniversität, die einzelnen Abteilungen reden untereinander nicht wirklich viel miteinander. Und das ist eher das, was mich stört. weil das Potenzial wäre eben wirklich da.

Ich wollte gerade fragen, an was denkst du, an was das liegt?

Andreas Kepplinger: Also bei meinem Professor war es eindeutig. Er sagt, er ist nur international tätig und es ist ihm eigentlich ziemlich egal, wo sein Institut steht, weil mit denen vor Ort muss er nichts zu tun haben. Und das vermittelt er leider auch ziemlich stark den Studenten. Und es sind relativ wenig Linzer dabei, sondern viele, die wirklich für das Studium nach Linz gezogen sind, die dann den ganzen Tag nur in der Uni sitzen, nur dort arbeiten, nur mit den eigenen Leuten unterwegs sind und mit der Stadt überhaupt in keiner Form interagieren. Die sieht man auch selten bei irgendwelchen anderen kulturellen Veranstaltungen, die informieren sich nicht darüber oder interessieren sich nicht dafür. Bei anderen Professoren, die teilweise auch in Linz studiert haben und nie wo anders waren – was ja prinzipiell auch nicht toll ist – da gibt es viele persönliche Feindschaften untereinander. Wo dann, selbst wenn Studienrichtungen und Studenten miteinander irgendwie in einer Form kooperieren wollen, die Professoren oder das Rektorat versucht … ich würde nicht sagen, es zu verhindern, aber auch nicht gerade unterstützend tätig wird.

Welche höchstens drei thematischen Schwerpunkte kannst du benennen, die einen Kunst- und Kulturbezug haben und zukünftig deiner Meinung nach die größten Herausforderungen für die Stadt Linz sein werden?

Andreas Kepplinger: Herausforderungen sind trotzdem diese Groß-Events, die sich irgendwann abgelutscht haben. Also eine Klangwolke und ein Brucknerfest wird jetzt eh neu positioniert, aber eine Klangwolke alleine muss irgendwie einmal etwas neues erfinden. Noch größere Spektakel gehen fast nicht mehr, aber inhaltlich ist es immer leerer. Da ist eher einmal die Frage … oder müssen sich natürlich wie viele andere den Vorwurf gefallen lassen … machen sie nur noch Spektakel oder machen sie auch noch Kultur? Und dieser Vorwurf passt bei ein paar anderen Sachen auch, also wenn jetzt das OK den Höhenrausch 2 macht. Wie viele Höhenräusche werden wir noch haben? Ich finde zwar den Ansatz interessant, zu sagen, man macht ein bisschen ein Spektakel. Solange dahinter noch wirklich gute Kultur steht oder eben wie beim Höhenrausch gute Kunstwerke präsentiert werden, welche die Leute dann trotzdem mitbekommen und sich damit auseinandersetzen, ist das noch gut. Nur die Frage ist, ob nicht irgendwann einmal der Rückschluss kommt, die Leute kommen eh nicht deswegen, lassen wir den Teil weg und machen wir nur noch das Spektakel. Da muss man extrem aufpassen. Und ich glaube, bei der Klangwolke sieht man, dass das irgendwann schon einmal übersehen wurde. Das ist irgendwie nur noch Spektakel und weniger Kultur.

Wo glaubst du noch, wo thematische Schwerpunkte in den nächsten Jahren liegen werden, welche die kulturelle Entwicklung besonders prägen werden, die besonders herausfordernd sind für die Stadt?

Andreas Kepplinger: Ja, die Tabakwerke. Was dort passiert und vor allem, wer dort was zu sagen hat, das ist momentan eher die Frage. Weil alles eher unter der Hand gehandelt wird und keiner redet wirklich aus und es kann einfach passieren, dass relativ schnell eine Entscheidung gefällt wird, die nicht wirklich toll ist. Weil ich traue ihnen nicht zu, dass sie das einhalten, was am Anfang einmal gesagt worden ist, dass sie sich einmal 15 bis 20 Jahre Zeit lassen zur Entwicklung. Also wahrscheinlich wird dann irgendwann einfach das Geld ausgehen und dann muss eine Nutzung her. Weil Geld muss herkommen und dann wird wer eingemietet und bleibt dann einmal für zehn Jahre drinnen. Hauptsache, es kommt Geld herein. Und das merkt man momentan, dass die Stadt gerade sehr versucht, an Geldquellen zu kommen. Und dritter Punkt: eine eindeutige Positionierung für Linz zu schaffen, wird glaube ich nicht funktionieren. Es ist eher die Frage, wie kann man diese allgemeine Offenheit so darstellen, dass sie auch eine eindeutige Positionierung ist? Dass einfach in vielen Bereichen etwas passiert. Das ist eben das Schwierige, weil eine Großstadt wie Wien steht für viele verschiedene Sachen, aber dass das eine kleine Stadt wie Linz auch kann, muss man einmal kommunizieren können. Ich würde nämlich nicht sagen, dass so eine Festlegung auf einen einzelnen Bereich etwas bringt. Also Graz mit Design, da muss man sehen, was dort jetzt passiert. Aber ich habe vorher Graz nicht wirklich als Designstadt gesehen und jetzt nennen sie sich so. Das ist eigentlich auch wieder nur rein ein Marketing-Titel.

Zu den einzelnen Themenbereichen. Förderung und Finanzierung ist das erste Thema, das du als besonders wichtig erachtest. Da würde mich zuerst interessieren, welche Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten du selbst bzw. junQ.at nutzt.

Andreas Kepplinger: Das Problem, was ich bei der Förderung sehe, ist eben gerade bei unserem Projekt: thematisch passen wir in alle möglichen Richtungen und dann gibt es halt die Möglichkeit bei der Stadt, beim Land, beim Bund und für Sonderförderungen anzufragen. Ob jetzt als Jahresförderung oder dann wieder für einzelne Projekte. Eigentlich verwaltet man sich zu Tode damit und auch die einzelnen Förderstellen schieben dann typisch hin und her: nein, ihr seid nicht bei uns, ihr gehört dort hin, keiner fühlt sich zuständig oder dann dieses typische Spiel: wie viel zahlen denn die, dann zahlt man da. Also eigentlich rennt man immer von einem zum anderen und muss überall nachweisen, was man tut und es scheint so, als ob jeder … als ob die Hürden immer mehr aufgebaut werden, dass man eigentlich kein Geld bekommt. Es wird nicht einmal von einer Stelle entschieden und das wäre ja quasi eine Traumentscheidung, man beantragt eine Förderung und eine Stelle entscheidet, ihr bekommt so und so viel und wie das dann von den einzelnen Ressorts zugeteilt wird, das macht sich dann die Verwaltung selbst aus.

Das wäre eine negative Erfahrung, die man gemacht hat mit Förderungen und Finanzierungen. An was liegt das, glaubst du? Liegt das daran, dass der Professionalisierungsanspruch so hoch ist, dass es zu viele Einreichungen gibt? Oder liegt es daran, dass es nicht mehr fassbar ist, einfach weil es interdisziplinär ist?

Andreas Kepplinger: Ich glaube, es ist beides. Es ist die Interdisziplinarität, die das Problem verursacht, weil dass Förderanträge nicht im Detail gelesen werden, ist ja auch klar bei der Masse, die reinkommen und das ist sogar … sobald bei der Kulturförderung der erste liest „Jugend“ sagt er: „Ihr seid Jugend.“ Sobald in einem Jugendförderantrag wer liest, wir machen Kulturarbeit, schieben sie uns zur Kultur. Also es versucht natürlich jeder bei seinen knappen Budgets sehr stark auszusieben. Wo ich eher das Problem sehe, es ist einfach nicht das Commitment da, dass man junge Vereine am Anfang unterstützt. Wir reden ja nicht von riesigen Summen, sondern wir müssen teilweise um ein paar Hundert Euro kämpfen. Und das ist eigentlich dann lächerlich, mit welchem Aufwand das betrieben wird, weil dann kann man sagen, selbst wenn wir eh unseren eigenen Aufwand schon nicht rechnen … aber selbst der Aufwand bei der Stadt übersteigt möglicherweise das, was sie uns dann an Förderung geben könnten. Nur mit dem Termine machen und Gespräche führen und Antrag stellen und noch einmal Antrag stellen und … also da ist die Verwaltung aufwändiger als die Fördersummen, die dann ausbezahlt werden.

Gibt es irgendwelche positiven Punkte die dir unabhängig von euren eigenen Erfahrungen einfallen, in Zusammenhang mit der Förderung von Kunst und Kultur durch die Stadt Linz?

Andreas Kepplinger: Die Einzelausschreibungen, die Fördertöpfe finde ich extrem interessant, vor allem weil es einfach diese Kooperation mit dem kartell [Anm.: Offenes Forum Freie Szene] gibt, wo wirklich aus der Szene heraus die Themen vorgegeben werden können. Wo wir uns selbst aussuchen können, zu welchem Thema der Topf ausgeschrieben wird und die Stadt macht das dann. Also da finde ich die Kooperation relativ gut. Auch wenn sie natürlich immer verbesserungswürdig ist, also da geht es dann um Öffentlichkeit von Jurysitzungen und andere Geschichten, aber das finde ich als Ansatz schon einmal sehr interessant.

Wo siehst du derzeit Handlungsbedarf in Zusammenhang mit der Förderung von Kunst und Kultur durch die Stadt Linz, jetzt über die Einrichtung hinweg wieder?

Andreas Kepplinger: Klassisch in der Aufstockung des freien Budgets. Es ist einfach sehr viel bereits auf lange Zeit vergeben und die sind … ich will das den anderen Organisationen nicht streitig machen, die sind relativ großzügig teilweise und wahrscheinlich mit relativ wenig Verknüpfungen verbunden, wo man dann nachweisen muss, was man wirklich damit getan hat und natürlich stellt sich bei so einer Förderpolitik immer die Frage, was ist die Gegenleistung, die erbracht werden muss. Man soll es nicht immer auf Zuschauer und Öffentlichkeit zurückführen, weil dann sind wir wieder bei der Spektakel-Kunst. Aber umgekehrt scheint es mir bei manchen Bereichen so, die kassieren einfach Fördergelder und versuchen komplett zu verbergen, was sie eigentlich tun, also die suchen partout keine Öffentlichkeit und machen nur ihr Ding und wollen sich halt für das von der öffentlichen Hand fördern lassen und da stelle ich mir schon die Frage: Warum Steuergelder dafür? Für das, dass man sein eigenes Ding macht? Also irgendwo gehört überprüft, wie weit das … also es gehören Förderkriterien her, was Partizipationsmöglichkeiten und Öffentlichkeit von diesen Projekten und diesen Vereinen betrifft. Dass es nicht alles so abgeschlossen ist, aber von der öffentlichen Hand gefördert wird.

Ich weiß jetzt nicht ob du einen Einblick hast. aber inwieweit bist du mit der Vergabe von Kunstwürdigungspreisen und von Kunstförderungsstipendien durch die Stadt Linz zufrieden?

Andreas Kepplinger: Ich habe es am Rande mitbekommen, dass es das gibt, aber ich habe keinerlei Einblick, wie es funktioniert. Also weder, wie die Einreichung funktioniert noch wie die Preise dann wirklich aussehen. Das ist zum Beispiel auch … dadurch kann man sich dann die Frage stellen, wie viel Kunstwürdigung ist es dann wirklich, wenn es dann eh keiner mitbekommt.

Letzte Frage in dem Themenbereich: Welche besonderen, nämlich auch strukturellen Fördermaßnahmen wären deiner Meinung nach in Linz noch sinnvoll? Und jetzt nicht nur einzelne Einrichtungen betreffend, sondern größere Zusammenhänge, größere Bereiche.

Andreas Kepplinger: Ja, das betrifft … also natürlich auch einen Teil den Bereich der Kultur, aber eigentlich mehr den Bereich Jugend, wo halt die ganze Fördergeschichte rund um DAVE [Anm.: Dachverband Linzer Jugendzentren] sehr fragwürdig ist. Wo zwar ziemlich viel Geld ausgegeben wird, wo halt die Frage ist, wo diese 90.000 Euro im Jahr eigentlich hin fließen, was da passiert. Wo es angeblich Jugendzentren gibt, die alle geschlossen sind oder nicht einmal ein Türschild haben. Und wo seltsamerweise das letztes Jahr, wie das zum ersten mal aufgekommen ist, nicht nur die SPÖ, die ja da quasi den Vorwurf bekommen hat, irgendwie Gelder zu verschieben, sondern auch alle anderen politischen Richtungen sich ziemlich still veralten haben. Und da ist es halt dann mühsam und bitter, wenn man irgendwas in dem Bereich macht und man weiß, dieses Geld wäre da und das wird ausgegeben für keine Ahnung was und wir bekommen nichts. Und wenn wirklich ein freies Projekt kommt, das wirklich noch offen ist und wirklich Leute versucht, hinzu zu holen, dass alle mitmachen können, die werden abgeschmettert. Das ist auch die räumliche Situation, das ist genau das selbe Problem, also von Seiten dieser Vereinszentren, die es ja gibt, heißt es ganz klar, da ist kein Platz und da gibt es eine ewig lange Warteliste.

Nächster Themenbereich: Leerstände und Zwischennutzungen. Du hast das vorher mit der Tabakfabrik ja auch schon angesprochen. Inwieweit denkst du, dass Leerstände überhaupt als Gesamtes interessant für Kunst- und Kulturschaffende in Linz sind?

Andreas Kepplinger: Sie wären sehr interessant. Ob es jetzt wirklich nur um eine ganz kurze temporäre Nutzung geht von ein paar Wochen oder Monaten oder einer langfristigen. Weil es gibt ja Leerstände, die ganz klar über … schon lange leer stehen und wahrscheinlich noch sehr lange leer stehen werden, da ist halt die Frage warum. Also die Stadt kann teilweise nicht darauf zurückgreifen, wenn ich jetzt zum Beispiel an das ehemalige Finanzamt oder Zollamt denke, das gehört der BIG [Anm.: Bundesimmobiliengesellschaft]. Aber die Stadt könnte lobbyieren, die Stadt könnte zumindest versuchen, etwas zu unternehmen, aber es sind zwei riesige Leerstände mitten im Zentrum, wo einfach nichts passiert. Tabakfabrik, gut, immerhin hat es die Stadt gekauft, da ist jetzt auch die Frage der Zwischennutzung, vor allem weil … eines ist die Frage von Spektakelkunst, lässt man wieder nur einzelne Sachen drinnen stattfinden oder vergibt man Zwischenverträge, wo man natürlich dann weiß, die Leute kann man wahrscheinlich schwer davon überzeugen, dass sie wieder ausziehen müssen, wenn sie einmal drinnen sind. Deswegen wird da wahrscheinlich versucht, das nicht zu machen. Aber auch private Leerstände könnten von der Stadt vermittelt werden. Also ob es jetzt irgendwelche Geschäftslokale sind, die einfach einmal für zwei Monate eine Galerie sind oder … aber da scheint die Stadt überhaupt kein Interesse daran zu haben.

Aber du würdest sagen, für Kunst und Kulturschaffende auf alle Fälle von Interesse diesbezüglich.

Andreas Kepplinger: Auf jeden Fall, weil es einfach auch Projekte gibt, die nur einmal temporär einen Raum brauchen oder selbst wenn sie ihn nicht unbedingt brauchen, wenn sie ihn bekommen würden, könnten sie ihn qualitativ hochwertig bespielen und dann sind wir wieder bei Kunst im öffentlichen Raum.

Sind dir eigentlich aktuell Initiativen oder Personen aus dem Kunst- und Kulturbereich bekannt, die auf der Suche nach Möglichkeiten für Zwischennutzungen sind?

Andreas Kepplinger: Ich weiß, dass das architekturforum sich ziemlich stark mit dem Thema befasst hat und zu dem Thema informiert hat, aber sie waren nicht aktiv auf der Suche. Aber sie haben halt versucht, Projekte vorzustellen wie eben eine Leerstands-Datenbank und andere Geschichten, um einfach diese Vermittlung zu ermöglichen, dass jemand der sucht auch etwas findet. Aber aktiv jemand der gerade sucht außer wir …

Aber ihr sucht ja auch nachhaltig, es geht ja auch um Zwischennutzungen.

Andreas Kepplinger: Na ja, aber wenn man sagen würde, für zwei Jahre wären das zwei Jahre, weil wir haben ja jetzt nicht so das große … also wir haben zwar Raumbedarf, aber nicht so viel Equipment, wir sind schnell übersiedelt. Ich wäre für uns auch zufrieden, wenn ich sage, ich habe ein Geschäftslokal in der Innenstadt, zuerst einmal für zwei Jahre, wäre auch voll in Ordnung.

Was kann die Stadt eigentlich wirklich machen? Welche Maßnahmen kann sie deiner Meinung nach setzten, um den Nutzen von Leerständen zu erleichtern?

Andreas Kepplinger: Wahrscheinlich würden sich zuerst einmal die privaten Vermieter nicht darauf einlassen, aus Haftungsgründen oder sonstiges. Also könnte sie da auf jeden Fall einspringen und mitbürgen für die Zwischenmieter und die auch finanziell unterstützen oder die auch unterstützen bei infrastrukturellen Dingen, weil … also gerade die BIG-Gebäude sind denkmalgeschützt. Man schaut wahrscheinlich … oder ich weiß nicht, wie das Zollamtsgebäude innen aussieht, aber es wäre wahrscheinlich auch unmöglich, es gäbe wahrscheinlich doch irgendwie Renovierungsbedarf und natürlich kann ein temporärer Zwischenmieter jetzt nicht das Gebäude nach Denkmal-Standards renovieren. Also da wäre die Stadt quasi als Garantiegeber gegenüber den privaten oder den anderen öffentlichen Besitzern notwendig, die sagt, wir stehen dahinter und wir bürgen dafür. Das wäre eine Möglichkeit, viel mehr ermöglichen.

Und wenn man sich den prominentesten Leerstand ansieht, die Tabakfabrik. Was würdest du dir hinsichtlich der Linzer Tabakfabrik wünschen? Und inwieweit sollte deiner Meinung nach Kunst und Kultur in irgendeiner Form bei der zukünftigen Nutzung der Linzer Tabakfabrik eine Rolle spielen?

Andreas Kepplinger: Es sollte auf jeden Fall eine Rolle spielen, aber ausschließlich Kunst und Kultur, dazu … also wenn das ganze Gebäude kulturell genutzt wäre, dann frage ich mich, wo die ganzen Leute herkommen sollen, die da hin gehören und dann … oder man packt wirklich alles, was irgendwo in Linz im Kunst- und Kulturbereich ist und Freiheiten hat und sich halt Freie Szene nennt zusammen und dann hat man so einen zweiten Elfenbeinturm wie die Kunstuniversität, wo überhaupt keine Öffnung nach außen mehr stattfindet. Also deswegen ist eine Durchmischung auf jeden Fall notwendig, weil alleine, wenn man sich die Nutzungsfläche im Vergleich zu Wien zum Museumsquartier ansieht, kann es einfach nicht funktionieren in Linz, nur kulturelle Nutzung in so einem riesigen Gebäude. Da ist die Frage … es ist zwar nicht weit weg vom Zentrum, aber trotzdem nicht im Zentrum. Da ist die Frage, wo soll die Besucherfrequenz herkommen, die da so gewünscht wird. Also das Umfeld ist zu, ich will nicht sagen unattraktiv, aber nicht dazu passend.

Also gemischte Nutzung, aber mit Kunst und Kultur. Kannst du dir auch vorstellen, dass Kunst und Kultur überhaupt keine Rolle spielen in der Tabakfabrik?

Andreas Kepplinger: Ja, aber das wäre eine negative Vorstellung. Also ich finde, es gehört auf jeden Fall dazu. Ich fände es auch interessant, wenn die Kunstuniversität komplett dort wäre. Die würde ja auch nicht den gesamten Platz brauchen und sie würden wahrscheinlich … Aber eben trotzdem durchmischt, mit Wohnungen, mit Creative Industries, mit normalen Veranstaltungsbereichen. Da ist natürlich die Frage, was halten die Leute, die dort wohnen davon. Aber das ist sowieso die Frage, was halten die Leute, die jetzt hinter der Tabakfabrik wohnen davon, dass dort drinnen vielleicht wieder Konzerte sind. Aber das ist überhaupt … auch bei der Diskussion am Ende der Ars Electronica letztes Jahr, bei der Podiumsdiskussion, ist mir das ziemlich aufgefallen, dass die Betrachtung von öffentlicher Seite zumindest bei dem Standpunkt da nur sehr auf das Gebäude bezogen war, überhaupt nicht auf das Umfeld. Man hat daneben mit dem alten Schlachthof ebenfalls ein denkmalgeschütztes Gebäude, das am Verfallen ist. Es war eine Großraumdisco drinnen, man hat dahinter eine komplett neu gebaute Wohnsiedlung und auf der anderen Seite, bei der Eisenbahnbrücke, wo sowieso die Frage ist, wie die Verkehrslösung in dem Bereich ausschauen wird. Also man muss ja das ganze mit dem Areal rundherum sehen.

Letzter Themenbereich: Neue Medien, Freie Medien, Open Source, Open Commons. Im alten Kulturentwicklungsplan, der im Jahr 2000 vom Gemeinderat beschlossen wurde, sind „Neue Medien und Technologien“ als einer der Hauptschwerpunkte der kulturellen Entwicklung festgeschrieben. Inwieweit ist deiner Meinung nach die Stadt Linz diesem Schwerpunkt gerecht geworden?

Andreas Kepplinger: Selbst als Stadt hat man nicht wirklich viel davon gemerkt. Ich meine, sie versuchen es zumindest. Die Homepage der Stadt Linz ist jetzt nicht die schlechteste einer Stadt, die ich gesehen habe, aber auch nicht die Beste. Im Bereich Social Media hinken sie einfach zwei Jahre hinterher, aber sie versuchen zumindest, sich zu positionieren und irgendwie eine Lösung zu finden, was schon wieder weit mehr ist als andere Städte machen. Aber dafür, dass es eigentlich seit zehn Jahren im KEP drinnen gestanden ist, ist es nicht wirklich beachtet worden. Und auch Open Commons ist zwar nicht … also ich glaube, nicht ein definierter Eigenbegriff oder ein Begriff, der eben nicht wirklich definiert ist, der wahrscheinlich auch nur deswegen erfunden wurde, damit man sich nicht auf irgendetwas festlegen muss am Anfang. Wie es präsentiert wurde, hat er auch eine breite Öffentlichkeit gefunden, wurde online viel zitiert. Genauso wie es halt fraglich ist, dass Open Source angeblich eine zehnprozentige Fördererhöhung bringen sollte, wenn man im Kunst- und Kulturbereich Projekte als Open Source liefert und offensichtlich hat das Geld noch nie wer erhalten. Das scheint derzeit alles nur ein Lippenbekenntnis zu sein.

Also mehr am Papier als umgesetzt. Wo liegen deiner Meinung nach die Stärken im Bereich der Neuen Medien in Linz?

Andreas Kepplinger: Also magistratsnahe, was ich relativ interessant vom Ansatz her finde, ist, was im Wissensturm passiert, mit der digitalen Bibliothek und den Möglichkeiten dort. Wie die Nutzung dort aussieht, weiß ich überhaupt nicht, ob das auch so genutzt wird, wie es gedacht war, aber da ist zumindest schon viel möglich dort in dieser Medienwerkstatt. Und sonst die neuen, freien Medien in Linz … ja, ich glaube, die arbeiten oft trotz und nicht wegen des Commitment der Stadt. Radio FRO und dorf tv und wir ja mitunter auch. Also, ich glaube, das könnte auch in jeder anderen Stadt irgendwie stattfinden, es ist halt in Linz. Aber es ist nicht wegen dieser Festschreibungen im alten Kulturentwicklungsplan in Linz passiert, es ist nicht von der Stadt initiiert worden, zwar teilweise unterstützt, aber nicht so mit Nachhaltigkeit, glaube ich.

Fällt dir sonst noch etwas ein, wenn wir über Schwächen in Bezug auf Neue Medien in Linz sprechen? Fehlende Formate? Fehlende Strukturen? Irgendwelche Defizite in Zusammenhang mit neuen Medien?

Andreas Kepplinger: Es gibt allgemein ein Mediendefizit in Österreich, aber über das brauchen wir jetzt nicht diskutieren. Das ist in Linz natürlich auch stark, aber nicht unbedingt nur Neue Medien. Aber es könnte auch so gelöst werden – das ist ja ein Problem das jetzt schon oft angesprochen wurde, wieder für den Kunst- und Kulturbereich – das ein Eventkalender, wo alles drinnen steht, gemacht wird. Das habe ich im Nachhinein oft gehört, das wäre der „neuner“ gewesen und der geht ab. Umgekehrt ist ein Print-Produkt halt massiv aufwändiger als ein Online-Produkt. Wenn du das online machst, bekommt das aber nicht jeder mit und da ist die Hürde immer fragwürdig. Eigentlich gäbe es ja linztermine.at, die aber eben vom Magistrat betrieben werden, wo glaube ich, viele Leute nicht einmal wissen, dass sie dort Termine melden können und auch umgekehrt, dass sie dort Sachen finden. Also das ist wieder so eine halbherzige Geschichte, die zwar technisch jetzt auch neu aufgestellt nicht einmal schlecht gemacht ist und auch grafisch gut gelöst ist und viel könnte, aber halt niemand medial wirklich groß dahinter steht, der das weiter betreibt und veröffentlicht.

Wo siehst du Entwicklungspotenzial im Bereich der Neuen Medien in Linz?

Andreas Kepplinger: Wie gesagt, ich sehe es positiv, dass sich die Stadt mit Social Media auseinandersetzt und es versucht, sich da zu positionieren. Das dauert halt ein wenig, aber dass sie es zumindest nicht ganz ignorieren, wie manch andere, die sagen, das vergeht eh wieder. Und vor allem, dass es dort größer angedacht ist. Also es ist nicht … ich war ja da dabei bei einem Workshop in der Stadtkommunikation und da ging es dann wirklich auch um Open Commons, Open Government, Bürgereinbindung in Entscheidungen und so weiter, also es war dann wirklich nicht nur auf Kommunikation nach außen hin bezogen, sondern auch auf Bürgerbeteiligung Online, was man da alles machen könnte. Es war halt einmal ein erster Schritt, zwar ein bisschen spät, aber immerhin. Und in dem Bereich kann sich natürlich Linz viel tun und da … es würde auch zum restlichen Image von Linz passen, eben mit Ars Electronica und so weiter, dass man da als Stadt einmal etwas neu macht, und ich glaube, das wäre für eine Stadt in Österreich in der Größe einmal ein ziemliches Novum.

Open Commons als letzte Frage in dem Zusammenhang, noch einmal nachgefragt, wie du die Beteiligungsmöglichkeiten für die Kunst- und Kulturschaffenden einschätzt und auf den Punkt gebracht und was gemacht werden müsste, um diese Open-Commons-Initiative im Kunst- und Kulturbereich besser zu positionieren?

Andreas Kepplinger: Es gehörte überhaupt einmal definiert, was das werden soll und ich glaube, das wissen sie selber noch nicht so genau. Das ist, glaube ich, eher einmal das Problem, dass es zwar von der Idee her gut ist und der Titel selbst erfunden wurde, damit man dann irgendwie einen Inhalt dahinter nachschieben kann, aber derweil merkt man noch nicht wirklich, in welche Richtung das genau gehen soll und was dabei herauskommen soll. Es ist quasi unter dem Titel und unter den ersten Papieren, die herausgekommen sind, alles möglich, aber nichts Konkretes fixiert, was es wird. Ich würde es deswegen jetzt nicht gleich verteufeln, dass das nichts wird, aber die Frage ist, wie lange es dauert, bis es einmal etwas wird bzw. bis einmal etwas Konkreteres kommt. Weil natürlich könnte man dann im Bereich Netzkultur eine sehr aktive Szene in Linz damit einbinden und dann hätte man gleich einmal ein gutes Beispiel, um zu zeigen, wie es funktionieren kann bis dann vielleicht etwas behäbiger auch die Wirtschaft aufspringt, wahrscheinlich die kleinen Betriebe und die Creative Industries eher als dann irgendwie die großen. Für den Anfang wäre das dann wahrscheinlich der interessanteste Bereich. Aber die Frage ist einmal: Was wird es?

Ok, wird sind am Ende des Interviews. Ist dir irgendetwas noch abgegangen? Willst du noch irgendetwas Wichtiges mitteilen?

Andreas Kepplinger: Nein.

Mich würde noch interessieren, was du denkst, auf was man besonders achten sollte bei der Erstellung des neuen Kulturentwicklungsplans.

Andreas Kepplinger: Das schwierigste überhaupt ist, niemanden auszulassen, weil der Kulturbegriff ist trotzdem bei jedem anders definiert. Und vielleicht gäbe es auch Leute oder Initiativen, die man durchaus mit rein nehmen kann, die sich aber selber nie so positionieren würden und die deswegen nicht angesprochen wurden und sich selber aber auch nicht melden würden. Jugend und Bildung zum Beispiel. Oder eben auch, wie stark bindet man eine Kunstuniversität in den Kulturentwicklungsplan einer Stadt mit ein? Nur so als Beispiel. Oder wie stark bindet man Creative Industries ein? Die eben in diesen Randbereichen agieren, wo ich auch persönlich viele Leute kenne, die privat in einer Kunst- und Kulturinitiative sind und beruflich in dem Bereich in irgendeiner Firma arbeiten, aber die Trennung eigentlich nicht wirklich da ist, ob die jetzt mehr Firma oder mehr privat sind. Aber eben auch abseits davon – trotzdem ein Bereich, der halt mir komplett fremd ist – die Volkskultur nicht vergessen.

Danke.

Dieser Beitrag wurde unter Interviews veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.