Gottfried Hattinger

Geburtsjahr und Geburtsort?

Gottfried Hattinger: 1950 in Geboltskirchen geboren.

Du lebst in Linz?

Gottfried Hattinger: Ich habe eigentlich immer in Linz gelebt, bin aber neuerdings, seit September, in Ottensheim.

Das Festival der Regionen ist eine deiner Tätigkeiten, künstlerischer Leiter des Festivals der Regionen. Übst du sonst irgendwelche Funktionen aus, die mit kunst- und kulturbezogenen Aktivitäten in Zusammenhang zu bringen sind?

Gottfried Hattinger: Dauerarbeiten sind das Theaterfestival „Spielart“ in München, das mache ich seit 1995, eine Biennale für freies Theater, dann habe ich sehr lange im Klangraum Krems „Kontraste – Seltsame Musik“ gemacht, gemeinsam mit Kollegen, und habe diverse Ausstellungen gemacht, letztes Jahr zum Beispiel „Space Inventions“ im Künstlerhaus Wien und einige andere Aufgaben.

Auch Tätigkeiten wie Jurys, Gremien und ähnliches mit Linzbezug?

Gottfried Hattinger: Ich war sehr lange in der Filmjury des Landes Oberösterreich, in der Spielfilm-Jury. Die hat sich vor zwei Jahren ungefähr aufgelöst, dann war ich einmal bei LinzEXPOrt dabei, kurzfristig, und dann ein- oder zwei Mal beim Marianne.von.Willemer.Preis für Literatur. Das ist schon irgendwie ein Zeichen, dass ich mich in vielen Genres bewege. Es geht von bildender Kunst bis Theater, Musik, Klang.

Wie würdest du deine eigene Tätigkeit am ehesten bezeichnen?

Gottfried Hattinger: Da steht immer … wie nennt sich das? Auftrags- und Saisonarbeiter.

Zum Festival der Regionen. Welche Zielgruppen werden durch die Arbeit besonders angesprochen?

Gottfried Hattinger: Ich kann nur sagen, wen ich ansprechen will. Und das ist für mich ein Novum in meiner Arbeit, weil man doch immer für bestimmte Fach-Kreise operiert, sei es in einem Museum oder in Zusammenhang mit einem Festival. In diesem Fall interessiert mich wirklich nur, ob es die Attnang-Puchheimer interessiert, weil das nächste Festival in Attnang-Puchheim ist. Aber nicht so, dass ich jetzt nivellierend operieren will, das heißt irgendwie in Richtung Pflasterspektakel, sondern das Qualitätslevel schon relativ hoch halten und halt möglichst viele gute Kräfte aus der Stadt einbinden will in das Festival, in Zusammenarbeit mit den Künstlerinnen und Künstlern. Ich möchte den ganzen Hobbybereich nicht ganz ausschließen, sondern irgendwie einbeziehen in ein Projekt, wo ich sehe, da sind irgendwelche Affinitäten da. Und das ist momentan eine ganz neue Spannung, die ich in der kulturellen Arbeit empfinde.

Auf welchen geografischen Wirkungsbereich zielt die Arbeit in erster Linie ab?

Gottfried Hattinger: Geografisch ist es eher ein Zufall. Das schöne ist, dass man sich im eigenen Land kundig macht, der Regisseur fährt wie ein Tourist herum. Mein Ausgangspunkt dieses Mal war für mich aber das Ergebnis der Landtagswahlen. Ich habe geschaut, wo sind die meisten FPÖ-Wähler und da hat sich eine Rankingliste ergeben. Die Orte habe ich abgeklappert und mir gedacht, die könnten vielleicht ein bisschen Kultur brauchen. Da war ich zuerst ganz oben in Aurolzmünster, bin aber dann bald in Attnang-Puchheim gelandet.

Du hast vorher anhand deiner Tätigkeiten verschiedene Genres genannt. Bildet sich das auch im Festival der Regionen ab, diese Vermischung verschiedener künstlerischer Disziplinen?

Gottfried Hattinger: Richtig, das schlägt sich insofern nieder, weil es eine ziemliche Offenheit gibt, allen Genres gegenüber. Ich habe da nirgendwo Berührungsängste und kann halt mit Theaterleuten genauso gut reden wie mit Musikern oder mit bildenden Künstlern. Was ich persönlich für einen gewissen Vorteil halte bei so einem interdisziplinären Festival, dass man sich kein Spezialistentum aneignet für ein bestimmtes Genre, wo man dann einen bestimmen Jargon spricht, sondern wesentlich offener ist, und ich glaube – ohne mich selber da ins Licht zu setzen, weil mir das eh nicht liegt – dass das so einem Festival zu Gute kommt.

Der Kernbereich des Personals sind zwei Personen?

Gottfried Hattinger: Ja, eine künstlerische und eine kaufmännische Leitung. Dazu dann noch eine Person für Öffentlichkeitsarbeit, die aber in der Zeit, wo wir sonst niemanden haben, für Produktion, Organisation und Kommunikation zuständig ist.

Wie viele Personen sind sonst noch für das Festival der Regionen beschäftigt, also erhalten in irgendeiner Art und Weise Geld, exklusive der KünstlerInnen, das erweiterte Kernteam, wenn man so will?

Gottfried Hattinger: Für Organisation zwei Personen und es gibt noch jemanden für Büroarbeiten. Das wird natürlich während des Festivals, wenn aufgebaut wird, erweitert. Wir haben zum Beispiel ein Abkommen mit dem Arbeitsmarktservice in Vöcklabruck, dass wir zehn arbeitslose Jugendliche aus der Gegend bekommen, wobei es nicht darauf ankommt, dass die als Arbeitskräfte ausgenützt werden, sondern dass sie produktiv dabei sind, dass sie eine andere Welt als die gewohnte kennenlernen. Sie werden bestimmten Künstlerinnen oder Künstlern zugeteilt und dort sollen sie mithelfen. Dazu gibt es natürlich eine etwas professionellere Crew, die das Ganze in der Hand hat, aber ich glaube, dass wir im Endeffekt mit rund 20 Personen auskommen werden, wobei die meisten wirklich nur in der Endphase und während des Festivals dabei sind. Sonst haben wir halt die Kollaborateure aus der Stadt und aus der Umgebung vom Modelleisenbahnclub bis zur BFI Lehrwerkstätte oder zu Young Amnesty.

Das ist dann wahrscheinlich auf ehrenamtlicher Basis?

Gottfried Hattinger: Ja, zum Teil bekommen sie auch etwas bezahlt. Das hängt von der Tätigkeit ab. Aber es ist eine ganz schöne Liste an Kooperationspartnern in der Stadt selbst, was mir persönlich auch sehr wichtig ist.

Ein Kurzes Assoziationsspiel: Welche Begriffe fallen dir ein, wenn du an „Kulturstadt Linz“ denkst?

Gottfried Hattinger: Kulturstadt Linz, das ist wie eine Faschingsnase, die man irgendwo raufklebt. Irgendwann hat es einmal geheißen, Stahlstadt, und dann gibt es irgendwann ein großes Ländermatch und dann heißt es Sportstadt Linz und dann kommt Linz09 und dann wird es Kulturstadt Linz. Also ich halte von diesen Bezeichnungen relativ wenig. Ich meine, wenn die Stadt Linz wirklich ein ehrliches Selbstverständnis hat, sich als Kulturstadt zu begreifen, dann finde ich es wieder positiv, dann braucht man auch nichts dazuschreiben. Ich stelle das schon ein bisschen in Zweifel, ob das wirklich alles so ganz ehrlich ist. Sonst würden sie vielleicht auch die Kultur mehr forcieren – was jetzt wohl nicht geht wegen der Spekulationsgeschichte.

Wenn du die letzten zehn Jahre, also die Jahre 2000 bis 2010, betrachtest: Was lief deiner Meinung nach besonders gut in der kulturellen Entwicklung der Stadt Linz?

Gottfried Hattinger: Es fällt mir als erstes das Jahr 2009 ein, mit der Kulturhauptstadt Europas. Das ist auch ziemlich gut und professionell gemacht worden, würde ich sagen, insgesamt. Mit gewissen Anfangsschwierigkeiten, aber es haben dann doch auch einige Leute aus der Linzer Künstlerschaft Aufträge bekommen. Das würde mir einfallen, dass das gut war. Was war noch gut? Dass sie das Festival 4020 doch noch nicht umgebracht haben, obwohl es ein Minderheitenprogramm ist. Und sonst … im Prinzip finde ich eh alles ok, was passiert ist.

Und mit welchen kulturellen Entwicklungen der letzten zehn Jahre bist du überhaupt nicht zufrieden?

Gottfried Hattinger: Das könnte ich nicht sagen, ehrlich gesagt. Was mir vielleicht weniger gut gefällt, das sind nur Tendenzen und zwar spekulative Tendenzen, dass es immer so in Richtung Massenkultur geht. Im Prinzip bin ich kein Feind davon, aber man hat manchmal das Gefühl, dass das die Haupt-Acts der Kulturpolitik sind, LinzFest, Pflasterspektakel, das sind die großen Events, wobei man beim LinzFest zum Teil das Kulturbudget investiert in die Unterhaltungsindustrie. Also zum Teil in Mainstream-Bands, die auch locker leben können von der Industrie – und da beginnen irgendwie meine Zweifel, ob das eine Aufgabe ist von einem Kulturamt, allzu viele Veranstaltungen zu machen, die in die Richtung von Unterhaltungsevents gehen. Es ist natürlich verführerisch, weil man da plötzlich mehr Leute hat, mehr Publikum, aber letztlich sollte die Hauptaufgabe die Förderung sein, und Förderung heißt nicht immer Masse, sondern gute Ambitionen. Also wenn man veranstaltet, dann eher dort, wo ein Manko ist, sowie ich vorher gesagt habe, zum Beispiel 4020, wo sich andere wenig darum annehmen, wo es eine schöne Synergie gibt zwischen Brucknerhaus und Kulturamt, das würde ich noch eher begrüßen. Ich weiß nicht, wie die Relation aussieht in Geldwerten, was die beiden im Verhältnis oder prozentuell zu den anderen Budgetposten ausmachen.

Womit kann Linz deiner Meinung nach im österreichischen Städtewettbewerb punkten, vor allem im Vergleich zu ähnlich großen Städten wie Graz, Salzburg oder Innsbruck? Ich frage provokant, ist es nur die Ars Electronica oder ist es mehr?

Gottfried Hattinger: Es ist sicher mehr. Rein vom Faktischen gesehen, glaube ich, dass Linz neben Graz in Relation zur Einwohnerzahl extrem viele Kultureinrichtungen hat, in fast allen Bereichen, alleine bildende Kunst vom OK bis zum Lentos. Ich glaube, dass es da fast ein bisschen zu viel institutionelle Kultur gibt in Linz, weil egal wo man hinschaut, man sieht eh immer die selben Gesichter bei einer Vernissage und nachher tun sich alle relativ hart, Laufkundschaft, also Publikum zu bekommen. Das hängt natürlich schon mit der Größe der Stadt zusammen, Ausnahmefälle sind natürlich so Sachen wie die Höhenräusche, die medial gut ankommen. Da kommen die Leute dann auch aus Neugierde, auch relativ viele Leute, die sonst nicht ins OK gehen würden. Insofern finde ich es auch total ok. Das ist immer sehr verführerisch, weil niemand, der etwas veranstaltet oder irgendetwas gestaltet, steht gern alleine da und wenn man alleine da steht, produziert man immer irgendwelche Euphemismen: zu schwierig oder zu anspruchsvoll oder zu gut. Das ist aber nichts neues, man kennt die Aussagen. Vor kurzem habe ich im Zusammenhang mit einem Tagungsbeitrag Aussagen von Komponisten über Publikumsakzeptanz nachgelesen: seit 200 Jahren beklagen sich alle über mangelndes Publikumsverständnis.

Wie weit wird Linz überhaupt als Kulturstadt wahrgenommen?

Gottfried Hattinger: Hauptsächlich ist Linz berühmt geworden mit der Ars Electronica, das kennt man wirklich in der ganzen Welt und nicht nur im Szenebereich. Mir ist es schon passiert, dass ich irgendwo abgelegen in Italien mich eingemietet habe, und der Vermieter hat gesagt: Ars Electronica, da wollte ich schon immer einmal kommen. Linz wird hauptsächlich über die Ars Electronica wahrgenommen, was auch mit diesem Pionierstatus zu tun hat, weil eben Linz das Glück hatte, als wirklich eine der ersten Städte der Welt so ein Festival aufzubauen. Man kann sagen, was man will, von der Entwicklung und von Qualitäten her, aber da ist es auf jeden Fall gelungen, wohingegen Kulturhauptstadt wahrscheinlich nur temporär eher einen kurzlebigen Effekt auslöst.

Du warst langjähriger Leiter der Ars Electronica. War für dich bereits einmal etwas erkennbar, was Linz in diese Richtung bringen könnte, wo du gesagt hättest, dass da genau so etwas abgeht wie bei der Ars Electronica?

Gottfried Hattinger: In Linz etwas Vergleichbares? Weiß ich nicht, ich glaube, diese Kooperation, Lentos, OK, Landesgalerie hätte eine sehr gute Chance, etwas zu entwickeln. Sie sind eh dabei mit der Triennale. Inwieweit das genug Luft hat, wird sich herausstellen. Da gehört auch relativ viel Marketing gemacht, und vor allen Dingen muss man ein entsprechendes Programm machen, und das Programm ist halt immer total abhängig von den Menschen, den Leuten, die das machen und gestalten. Ich war immer ein großer Anhänger vom Kunsthaus Bregenz, die haben immer ganz tolle Sachen gemacht. Da hat es jetzt einen Wechsel gegeben, ich habe das gar nicht gewusst und ich habe mir gedacht, warum ist das Programm jetzt irgendwie ein bisschen langweiliger geworden? Ich habe dann gemerkt, da gibt es eine neue Leitung, die sind auf einem anderen Trip unterwegs. Jeder will sich ein bisschen abgrenzen von den Vorgängern. Aber ich glaube das ist eine Crux, dass man immer sorgfältig schaut, wer was macht. Die Strukturen alleine machen es nicht und die Gebäude auch nicht, es sind immer die Menschen, die irgendetwas wollen oder irgendwie obsessiv drauf sind. Man hat irgendwie den Eindruck, dass alles ein bisschen ent-individualisiert wird. Mir geht das ein bisschen ab, es ist alles ein bisschen stromlinienförmig. Es ist ein Problem, dass man sehr schnell einmal in Hüllen investiert, weil die sichtbar sind. Beim Lentos ist das besonders gut gelungen. Aber wenn man dann weiß, mit welchem Veranstaltungsbudget das auskommen muss, weil ich gerade das Kunsthaus Bregenz erwähnt habe … ich glaube, man könnte nicht einmal die Hälfte von einer Ausstellung machen, wie es im Kunsthaus Bregenz präsentiert wird. Das heißt, das Innere wird eigentlich ausgehungert und es entstehen hohle Sachen. Man braucht einfach Ressourcen, um ein Programm zu machen, überhaupt wenn man in einer höheren Liga mitspielen will.

Mit Linz09 hat man versucht, in einer höheren Liga mitzuspielen. Beschreib bitte dein Resümee von Linz09 anhand von drei Punkten.

Gottfried Hattinger: Ich sehe es eigentlich hauptsächlich als Impuls und es wird wahrscheinlich ein gelungener Impuls sein in manchen Bereichen. Zum Beispiel im Theaterbereich, wo mich interessiert hat, was Airan Berg gemacht hat, den ich vom Schauspielhaus noch kenne und auch in Verbindung mit dem Festival in München, wo ich beteiligt bin. Die meisten Theaterproduktionen hatte ich schon gekannt, weil einige bei uns in München waren – und da war ich schon total überrascht, wie gut das angekommen ist. Die Halle war immer knallvoll. Berg hat eine sehr gute Vermittlungsarbeit gemacht. Das zählt für mich zu den positiven Effekten, dass ein Publikum aufbereitet worden ist, für eine Theaterästhetik, die es in Linz nicht oder kaum gegeben hat außerhalb des Sprech- und Literaturtheaters. Das zweite war der musikalische Teil, der sehr viel gemacht hat für Neue Musik, in einer sehr originellen Präsentationsform mit dem Zelt, – oder auch Aktionen wie das Bellevue oder der kranke Hase, wo die Linzer Künstlerschaft schon profitiert hat, oder das in-situ-Projekt von Dagmar Höss, das mir in Erinnerung geblieben ist. Es hat vielfältige Impulse gegeben, aber es ist natürlich nur eine temporäre Geschichte letztlich, ich sage nicht Eintagsfliege, sondern es passiert halt einmal ein Jahr lang. Finde ich schon sehr gut.

Wie schätzt du das Verhältnis von Hochkultur – Subkultur – Volkskultur in Linz ein?

Gottfried Hattinger: Das ist wirklich schwer zu sagen, man müsste vorher alles definieren. Was jetzt wirklich Hochkultur ist. Hochkultur hat immer den Geruch, dass es für eine wirtschaftliche Elite ist, die halt in die großen Abo-Konzerte geht aus Repräsentationsgründen. Man kann Hochkultur auch so verstehen, dass es ein Kulturbegriff auf einem sehr hohen intellektuellen Level ist, das ist wieder ganz etwas anderes. Oder die Subkultur. Ich würde eher sagen, die Szenekultur, oder ich würde sagen, die jungen Kulturschaffenden, die halt in der Stadt jetzt anfangen oder etwas machen wollen, etwas erreichen wollen, so wie damals die Stadtwerkstatt agierte, die aus dem Kunsthochschulumfeld einiges bewegt hat in Linz. Aber das sind Konstellationen, die ergeben sich, die lösen sich dann wieder auf. Wie das im Moment ist, weiß ich gar nicht. Ich glaube, dass die wahrscheinlich nicht sehr viel mit den Ursprüngen zu tun hat, weil es nicht mehr die großen Reibflächen gibt. Sie bekommen Subventionen oder Förderungen, was sicher gut ist, aber inwieweit es noch Sub ist, weiß ich nicht. Es müsste eine Undergroundkultur sein, die gegen ein Establishment auftritt, gegen die empfundene Obsoletheit einer vorhandenen Szene – das wird es immer wieder geben, manchmal aggressiver, manchmal geht es eher anders rum. Um die Volkskultur braucht man sich keine Sorgen machen. Man merkt das auch in Attnang-Puchheim, eine Stadt mit 8.000 Einwohnern mit unglaublich dichtem Vereinsleben. In Linz habe ich nichts zu tun damit, aber ich glaube, es siedelt sich sehr viel im Ursulinenhof an. Volkskultur ist ja nicht nur Veranstalten oder Auftreten, sondern man ist in Vereinen beisammen und pflegt halt irgendetwas, das müssen nicht einmal nur Traditionen sein, sondern das kann auch ganz etwas anderes sein. Vielleicht gibt es einen Facebook-Verein über Volkskultur oder was auch immer, aber ich glaube, das sind soziale Bündnisse, die sowieso immer vorhanden sind. Volkskultur bedeutet nicht immer nur Goldhaube. Volkskultur wird von Leuten betrieben, die aus der Tradition schöpfen und bestimmtes Gedanken- oder Kulturgut erhalten will. Das muss nicht unbedingt reaktionär sein, aber darüber habe ich mir eher wenig Gedanken gemacht.

Wenn du einzelne künstlerische Disziplinen wie Malerei und Grafik, Tanz, Theater, Musik, Literatur, Film, Fotografie usw. betrachtest: Wo würdest du meinen, wäre in der Stadt noch Entwicklungspotenzial vorhanden?

Gottfried Hattinger: Als erstes würde mir einfallen, hinsichtlich des neuen Opernhauses, dass die Chance bestehen würde, der freien Theaterarbeit mehr Raum zu geben, diese, aufbauend auf die Strategien von Linz09, weiterführt bevor das wieder einschläft. Ob es die bestehende Struktur Landestheater alleine machen kann, weiß ich nicht, oder ob das wieder weitere Synergien erfordern würde. Das wäre ein Wunsch von mir. – Der Bereich Neue Musik ist sowieso schwierig zu vermitteln, weil er relativ wenig Leute anspricht, aber da gibt es noch viel Potenzial. Das ist Vermittlungsarbeit, die sicherlich im Ansatz bei 4020 da ist, aber was auch bei Linz09 gut begonnen hat. Das ist nämlich ein Genre, das sehr viel Geduld und Lust und Engagement braucht, um zu vermitteln, weil es eigentlich mit dem Vorurteil konfrontiert ist, total fad zu sein. Es gibt natürlich auch viel langweilige Neue Musik, genauso wie es langweilige bildende Kunst gibt, aber es gibt dann wieder Werke, die sind derartig spannend, dass sie es schon verdienen würden, mehr gezeigt oder gespielt zu werden. Aber die Künstler selber können das nicht, die sind meistens nicht in der Lage, Vermittlungsarbeit zu machen. Das wäre auch in Richtung Musiktheater, Brucknerhaus, ein Ansatz, da ein bisschen größer hineinzufahren und nicht nur zu veranstalten, sondern das wirklich in einem breiteren Ansatz anzugehen – vielleicht mit dem Land zusammen, die haben diese Strukturen, das Landesmusikschulwerk und was weiß ich was alles. Auch mit der Bruckneruniversität. Das kann man nur mit bestimmten engagierten Leuten machen. Aber so ein Ziel würde ich schon sehen. In der bildenden Kunst gibt es sehr viel Vermittlungsarbeit, also jede Institution hat Vermittler, was total und gut ist, und in der Regel auch immer interessante Ausstellungen.

Welche drei thematischen Schwerpunkte mit Kunst- und Kulturbezug werden zukünftig die größten Herausforderungen für die Stadt darstellen?

Gottfried Hattinger: Ich denke mir, dass sich die Themen immer von selber ergeben, also dass man flexibel genug sein muss, sich auf irgendeine Entwicklung einzulassen und nicht vorher ein Fundament zu betonieren, das man dann nicht mehr wegbekommt. Aber das Thema der Tabakfabrik kommt auf Linz zu, da muss man wirklich aufpassen und sehr sorgsam herausfinden, was die richtige Struktur für Linz ist. Was haben wir schon und was geht noch ab? Was ich ad hoc auch nicht sagen könnte. Zeigeanstalten haben wir genug. Was vielleicht nötig wäre, sind richtige Produktionshäuser. Diese Funktion hat einmal das OK erfüllt, das macht es immer weniger, was ich ein bisschen schade finde. Weil dann wie in früheren Zeiten eben Künstlerinnen wie z.B. Katharina Struber plötzlich die Chance hatten, ein komplexes, aufwändiges Ding zu realisieren, was für ganz junge Talente ganz selten passiert. Also die Chance zu bekommen, sich mit solchen Ressourcen zu bewähren, finde ich schon sehr wichtig und sehr toll. Da gibt es nicht mehr so viel jetzt. Also produzieren würde ich dann sagen, in jede Richtung. Oder die Verbindung mit Bildungsaufgaben, was an sich sehr wichtig ist, weil diejenigen, die Kunst oder Kultur konsumieren, brauchen einfach ein bisschen Hintergrund – und angeblich wird der immer schlechter. Nämlich ein Basiswissen über die Welt und über die Kulturen zu haben. Vermittlung wäre ein großes Thema, in jeder Hinsicht. Dass die Vermittlung nicht nur in den Institutionen und in den Häusern passiert, sondern dass sie rausgetragen wird in die Schulen, an Orte, wo sich junge Leute aufhalten. Das kann genauso gut in einem Club sein, so wie es zum Beispiel die Streetacademy in Wien macht. Die haben jetzt auch in Attnang-Puchheim jungen Leuten Workshops angeboten, Poetry Slam, Beat Box usw. Da sind dann wieder junge Leute, die anderen jungen Leuten was zeigen. Junge Leute fahren da eher wieder darauf ab, was in ihrem Kontext aufblüht, die wollen keine didaktischen, missionarischen Frontvorträge. Das muss einfach irgendwie anders passieren und zwar immanent. Also ich glaube, dass da ein gewisser Bedarf da sein würde.

Zu den einzelnen Themenbereichen. Kunst- und Kulturvermittlung. Inwieweit bist du mit dem derzeitigen Angebot an Kunst- und Kulturvermittlung in Linz zufrieden? Was gefällt dir besonders gut?

Gottfried Hattinger: Ich habe es selber nicht konsumiert. Ich weiß nur, dass Kunstvermittlung vor allem in den Museen angeboten und auch gerne angenommen wird. Meistens sind es Führungen, wo dann eine Ausstellung erklärt wird, was sicher ganz wichtig ist.

Kritisch reflektiert hast du vorher auf alle Fälle dahingehend, dass jedes Haus eine eigene Kunst- und Kulturvermittlung hat, aber dass es an die Häuser gebunden ist, und dass Kunst- und Kulturvermittlung nicht mehr nur in den Häusern funktionieren kann, sondern dass man hinausgehen muss.

Gottfried Hattinger: Ja, das Hinausgehen ist ein mühsamer Prozess. Es ist ein wichtiger Aspekt, dass es Führungsangebote gibt, wo man die Ausstellungen erklärt bekommt und die Hintergründe. Aber ich denke, dass es auch wichtig ist, dass man … das hat mich zum Beispiel bei Airan Berg beeindruckt, dass der mit den Theaterkünstlern in die Schulklassen gegangen ist, das heißt, die jungen Leute den produzierenden Menschen mit seinen Ideen wirklich kennengelernt haben. Also das ist nicht jemand, der jetzt im Jargon sich ausbreitet, sondern in erzählerischer Form einfach alles erklärt, was er macht, warum er das macht, was ist der Hintergrund? Dass man ein bisschen etwas demonstrieren kann. Das macht natürlich viel mehr Mühe und kostet auch wahrscheinlich etwas. Man müsste da auch sehr eng zusammenarbeiten mit den Kunsterziehern zum Beispiel. Ein Konzept dafür hätte ich auch nicht, aber das ist meine Erfahrung, die wichtigste Vermittlung passiert immer auf einer sehr intimen, persönlichen Ebene, also viel weniger über das Lesen oder Nachlesen, sondern wirklich in einem sehr intimen, persönlichen Kontakt. Das ist natürlich eine Utopie, aber ich habe da immer die interessantesten und berührendsten Erfahrungen gemacht.

Du hast Airan Berg angesprochen und die Vermittlung des Theaters in diesem Fall in Schulen. Kannst du das noch weiterspinnen? Welche neuen Formate und Programme der Kunst- und Kulturvermittlung werden deiner Meinung nach noch benötigt? Alleine mit dem, dass an den Schulen mehr passiert, ist es nicht getan, oder? Da spielen andere Formate und Programme der Kunst- und Kulturvermittlung auch noch eine Rolle, oder?

Gottfried Hattinger: Ja, wie neuerdings beim Festival der Regionen. Es geht natürlich nicht nur um die Schulen, das habe ich vorher auch gesagt, das kann durchaus auch in den Clubs sein. Aber es muss eine Kongruenz geben, es darf nichts Aufgesetztes sein. Eine richtige Strategie habe ich da auch nicht, aber wir sind zum Beispiel in der Nähe von Attnang-Puchheim – weil es in der Stadt selber keine Disco gibt – ins „Sugarfree“ gegangen oder ins „Kakadu“ in Vöcklabruck und wollten erreichen, dass wir mit einer Veranstaltung in einen ganz normalen Discoabend reingehen, mit Entertainment einer Theatertruppe, weil das plötzlich wieder ganz andere Typen sind. Das funktioniert zwar gar nicht so weit entfernt von einer normalen Disco, aber es hat irgendwie etwas anderes, persönlicheres. Das wäre uns wichtig gewesen, das Einsickern in fremdes Gelände.

Ist das nicht gegangen mit der Disco?

Gottfried Hattinger: Nein, die haben schon Sommerpause, es hätte auch viel zu viel Geld gekostet. Und jetzt machen wir das Fest halt am Bahnsteig. Aber wenn du mich nach einer generellen Strategie fragst, habe ich keine Ahnung. Das ist ganz schwer, von vornherein eine Strategie zu entwickeln, das hängt von der Materie ab, die man vermitteln will und wer das dann macht, wer da wirklich einen Zugang hat. Ich glaube auch nicht, dass man ein richtiges Konzept machen kann, das für alles passt. Man kann irgendwie Strukturen fördern oder Leute fördern, die das generell machen. Vielleicht könnte man auch ein Institut für Kunst- und Kulturvermittlung gründen, ein Sammelbecken von allen möglichen Leuten. Das ist ja mittlerweile auch ein Studiengang, Kulturvermittlung.

Ist dir sonst noch irgendetwas aufgefallen, wo du dir gedacht hast, da könnte man die Qualität der Kunst- und Kulturvermittlung in Linz noch heben?

Gottfried Hattinger: Kann ich leider nicht sagen. Ich glaube, man braucht da eine eigene Begabung dazu. Du musst ein Programm fertig haben und dann kommt jemand und sagt: „So, jetzt müssen wir das vermitteln.“ Wir reden natürlich relativ viel im Vorfeld in so einem Kontext wie dem Festival der Regionen, weil das gerade aktuell ist bei mir. Wir haben zum Beispiel einen Informationsabend gemacht in Attnang-Puchheim, wo wir das Programm vorgestellt haben, – das war knallvoll. Die Präsentation haben wir hauptsächlich für die Attnang-Puchheimer gemacht, das heißt, wir haben es zunächst einmal geschafft, ein sehr starkes Grundinteresse hervorzurufen in der Stadt. Es war total erstaunlich, wie groß das Interesse ist oder auch wie willkommen man in der Stadt ist, was ich mir überhaupt nicht vorgestellt habe aufgrund der freiheitlich dominierten Kulturpolitik. Ich glaube schon, dass sich da etwas tut. Das heißt, wir zwingen ja niemanden irgendetwas auf, höchstens indirekt, dass man über irgendeine Geschichte stolpern muss.

Was sehr eng mit der Kunst- und Kulturvermittlung zusammenhängt, ist der Bereich der Schule und Bildung, das ist der zweite Themenbereich, mit dem Zusatz der Wissenschaft. Wie schätzt du Interesse von Linzer Schülerinnen und Schülern am bestehenden Kunst- und Kulturangebot ein?

Gottfried Hattinger: Ich weiß nicht. Ich weiß nur, dass zum Beispiel das AEC voll ist mit Schulklassen, wo denen etwas geboten wird. Das ist ganz klar, da gehen natürlich auch die Lehrpersonen gerne hin, bei so etwas, solange sich etwas tut. Schulklassen kommen natürlich auch in die anderen Institutionen. Also es wird, glaube ich, schon wahrgenommen. Das heißt, dass die Frequenz bei Schulklassen bei bestehenden Ausstellungen relativ gut funktioniert, soweit ich das überhaupt beobachten kann. Dass man alles tun muss, um das Bildungsniveau zu erhöhen, das gesellschaftliche Niveau, das ist klar. Dadurch würden auch die dümmlichen Tiraden der Rechten marginalisiert werden können.

Ich finde interessant, wenn über Schule gesprochen wird im Zusammenhang mit Kunst- und Kulturvermittlung, dass man sofort das Schulgebäude als solches damit assoziiert. Du hast vorher etwas Interessantes gesagt, nämlich dass Kunst- und Kulturvermittlung auch in den Clubs stattfinden kann zum Beispiel. Das Musikschulwerk hast du vorher angesprochen in einem anderen Zusammenhang, wo es um Neue Musik gegangen ist. Das sind alles Angebote der außerschulischen Bildung. Welche Verbesserungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Kunst und Kultur fallen dir ein, wenn du an den außerschulischen Bildungsbereich für Kinder und Jugendliche in Linz denkst?

Gottfried Hattinger: Ich bin immer skeptisch, wenn man da etwas institutionalisieren oder auf Papier festschreiben will. Das funktioniert selten. Es geht ja immer ums Animieren, mit einem verdeckten, aufklärerischen Gestus. Das sind schon schwierige Fragen für mich, weil das nicht so richtig mein Metier sind. Ich weiß nur, dass das wichtig ist und dass man da alles Mögliche unternehmen muss und das kann auch in unterschiedlichen Bereichen unterschiedlich funktionieren. Ich kann da nur Beispiele nennen. Jetzt werden zum Beispiel an zehn Komponistinnen und Komponisten Auftragswerke vergeben für die Chöre von Attnang-Puchheim, da gibt es insgesamt vier Chöre in der kleinen Stadt und einen großen Anhang dazu. Das heißt, es wird da ein Abend mit zehn Uraufführungen sein. Auf der einen Seite hat man Künstlerförderung in Form von Werkaufträgen, dann animiert man die Chöre, sich mit zeitgenössischen Stücken auseinander zu setzen, was die sonst nie machen, und zum dritten hat man dann einen Abend mit lauter Uraufführungen, wo man auch Aufmerksamkeit bekommt. Das war gut gedacht, aber zuletzt hat sich herausgestellt, dass die Sachen einfach zu schwierig sind, dass viel länger Zeit erforderlich wäre. Ein Lernprozess für alle Beteiligten, auch für mich.

Ich spiele es jetzt weiter mit dem Festival der Regionen. Ich denke trotzdem, dass es da ähnliche Gedankenabläufe gibt, wie wenn man als Stadt als solches denkt. Darum stelle ich die nächste Frage auch gleich in Richtung des Festivals der Regionen, genauso wie man sich über die Schulen dort Gedanken hat machen müssen und wie man mit dem Angebot, den Produktionen des Festivals an die Schulen herankommt, genauso, wenn man sich Gedanken macht mit dem außerschulischen Bereich, Clubs, Jugendzentren, Discos als Beispiel. Meine Frage wäre, ob man sich auch im Bereich der Erwachsenenbildungseinrichtungen dort Gedanken gemacht hat, also Volkshochschule, Arbeiterkammer, Gewerkschaftsbund, bfi, WIFI?

Gottfried Hattinger: Ja, zum Beispiel die bfi-Lehrwerkstätte am Bahnhof macht mit, zwei Künstler bekommen Assistenz von der Lehrwerkstätte. Und das zweite Beispiel ist jenes mit der Streetacademy. Wir haben mit den lokalen Streetworker versucht, im Zusammenhang mit der Streetacademy an Jugendliche ran kommen. Das wird ganz gut funktionieren und jetzt hat auch das bisher eher reservierte Jugendzentrum beschlossen sich einzuklinken. Ich denke, vielleicht lernen dadurch auch die Institutionen ein bisschen etwas, die eigentlich immer im selben Rhythmus ihre Rituale abziehen. Ich denke, dass das auch wichtig sein kann. Also die einzig mögliche Strategie ist, spontan zu reagieren auf einen bestimmten Zustand. So ein Beispiel ist, dass dort jedes Jahr Roma vorbei kommen, die da mit ihren Wägen den Spitzberg bewohnen. Die bleiben aber nur wenige Tage, aber die Region steht jedes Mal Kopf. Die Leute fürchten sich und schimpfen über den hinterlassenen Müll. Jetzt haben die Gemeinden überall Schranken gemacht. Auf diese Situation haben wir mit einer Geste reagiert. Da gibt es ein EU-Programm für Jugendaustausch, in dessen Rahmen haben wir eine Gruppe Roma-Jugendliche aus Rumänien als offizielle Festivalgäste in die Stadt eingeladen – die werden betreut von jungen Leuten aus der Region, die ziehen einfach mit denen herum, machen Radiosendungen, Vorträge in Schulen usw.. Am besten können Ressentiments über persönliches Kennenlernen abgebaut werden. Solche Strategien kann man nicht von vornherein planen, sondern man reagiert auf einen bestimmten Sachverhalt, wenn man die Chance hat, wie beim Festival der Regionen, dass man eben reagieren kann. Wir geben auch immer das Festivalzentrum frei für lokale Bands, die da auftreten können. Dann gibt es Kulturvereine in der Region, die alle keinen Veranstaltungsraum haben und seit 20 Jahren darum kämpfen. Jetzt haben wir ihnen einfach eine Bühne gegeben, um das auch zu transportieren, damit einmal das Problem erstmals mit dem Festival in der Region verankert wird, auch mit den Themen, die dort virulent sind.

Noch eine Frage. Welche Maßnahmen sollte die Stadt Linz deiner Meinung nach setzen, um die Verbindung des Kunst- und Kulturbereichs mit dem Wissenschaftsbereich zu stärken?

Gottfried Hattinger: Irgendein berühmter Künstler hat einmal gesagt, Gott schütze die Kunst vor der Akademie. Das ist natürlich salopp, aber ich denke mir, dass die Verknüpfungen von Theorie, Philosophie und künstlerischem Tun an der Kunstuniversität gut hinbekommen wird.

Und über die Kunstuniversität hinaus? Gerade für die Ars Electronica und die Entwicklung ist das meiner Meinung schon wichtig, wenn dieser Diskurs eingebettet ist in einen größeren Zusammenhang, da sind die Verbindungen zu diesem wissenschaftlichen Bereich schon wichtig. Gibt es da irgendeine Einschätzung der Situation, wie das Gefüge, jetzt nicht nur bezogen auf die Ars Electronica, sondern dieses Gefüge als Gesamtes funktioniert? Kristallisiert sich für dich etwas heraus, ob das funktioniert oder nicht funktioniert, zum Beispiel die Johannes Kepler Universität mit der Kunstuniversität, ob es da Verbindungen gibt, ob da etwas heraus entsteht oder nicht?

Gottfried Hattinger: Das weiß ich gar nicht, ob es da Verbindungen gibt. Ich weiß von der Kunstuniversität, dass Philosophen Lehraufträge haben und auch Experten aus anderen Richtungen. Reflexion über die eigene Arbeit finde ich ganz wichtig. Ansonsten gibt es Trends, wo sich Künstler als Wissenschaftler gerieren, da habe ich immer meine Probleme. Normalerweise und im besten Sinne nutzt natürlich die Kunst die Wissenschaft manchmal aus, das heißt, sie benützt einfach die Erkenntnisse und verarbeitet sie dann auf eine schräge Art und Weise. Ich finde z.B., dass die Komplexität, wie sie in der Experimentellen betrieben wird, ein interessanter Weg ist. Da lernt man, wie alles ineinander (oder auseinander) fließt, wo keine Grenzen definiert sind, keine Genre-Grenzen anerkannt werden. Damit wird nicht wieder eine didaktische Schule begründet, sondern auf einer diskursiven Ebene verhandelt, was auch immer wichtig ist, wenn man sich als erstes irgendetwas aneignen oder erarbeiten muss. Man kommt ja nicht an die Kunstuniversität und weiß genau, was man machen will und wie man sich entwickelt. Dass es den Keplersalon noch gibt, finde ich übrigens auch gut, der sich, glaube ich, sehr öffnet den Kunstleuten gegenüber und der auch sehr gut ankommt.

Danke für das Interview.

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