Hubert Hummer

Geburtsjahr und Geburtsort?

Hubert Hummer: 1952, Geburtsort Vöcklabruck, aufgewachsen bin ich in Thomasroith.

Du lebst wo?

Hubert Hummer: Ich lebe in Kirchberg-Thening, also in Thürnau genau und das ist in der Gemeinde Kirchberg-Thening, das ist zehn Kilometer in Richtung Eferding.

Welche kunst- und kulturbezogenen Funktionen übst du derzeit aus?

Hubert Hummer: Eigentlich nur die Leitung des Wissensturms.

Gremien, Beiräte, irgendetwas in dem Bereich?

Hubert Hummer: Gremien, Beiräte, na ja. Ich meine, ich bin natürlich über die Teambesprechungen, Dienstbesprechungen der Kulturverwaltung integriert in den gesamten Bereich der Linzer Kulturverwaltung. Ich habe sehr viele Funktionen in der letzten Zeit, nicht zuletzt mit dem Bau des Wissensturms, zurückgelegt, bin aber noch im Vorstand des Verbands oberösterreichischer Volkshochschulen, dort bin ich auch stellvertretender Vorsitzender, aber das sind halt so, würde ich einmal meinen, Randbereiche zwischen Bildung und Kultur. Im Kern sind es eigentlich Bildungsbereiche, wo ich noch tätig bin. Ich war lange Jahre in der oberösterreichischen Gesellschaft für Kulturpolitik, so eine Art Geschäftsführer, aber das liegt lange zurück, würde ich einmal sagen, oder halt im Landesbildungsausschuss. Aber eher verstehe ich mich auch selber stärker im Bereich der Bildung tätig. An den Universitäten habe ich einige Jahre Lehraufträge gehabt an der Soziologie und auch an der jetzigen pädagogischen Hochschule, damaligen pädagogischen Akademie, aber das ist mittlerweile auch viele Jahre her und in Gremien sitze ich dort nicht.

Wie würdest du die Tätigkeit am ehesten bezeichnen? Direktor des Wissensturms, Direktor der Volkshochschule und Stadtbibliotheken?

Hubert Hummer: Direktor des Wissensturms, weil wir haben ja mehrere Einrichtungen und bei mir liegt die Gesamtleitung. Es ist zwar von der Verwaltungsterminologie der Wissensturm kein offizieller Begriff, wenn du so willst, weil du Dienststellen hast, Volkshochschule oder Stadtbibliothek. Die Medienwerkstatt ist dann noch ein eigener Verein, der mit dabei ist, und das Lernzentrum ist Bestandteil der VHS, jetzt organisatorisch, aber ich verwende trotzdem den Begriff Wissensturm ganz gerne, weil er halt die Gesamtheit ausdrückt.

Zur Einrichtung: In welchen künstlerischen Disziplinen bzw. kulturellen Arbeitsfeldern ist der Wissensturm aus deiner Sicht tätig?

Hubert Hummer: Na ja, im Selbstverständnis sind für mich Bildung und Kultur siamesische Zwillinge, wenn man so will, und eine wesentliche Aufgabenstellung von Bildungseinrichtungen wie der VHS oder der Bibliothek sehe ich gerade auch darin, Voraussetzungen zu schaffen, um sehr allgemein formuliert am kulturellen Leben gestaltend, aber durchaus auch konsumierend teilhaben zu können. Und da haben wir einen breiten Fächer, von Medienbereichen über die Literatur bis hin zur Musik, bis zur Kunst, aber schon immer mit dem Fokus auf der Organisation und Durchführung von Bildungsprozessen und Bildungsmaßnahmen. Künstlerische Tätigkeiten und Aktivitäten im engeren Sinn würde ich da nicht sehen. Wir haben natürlich den ganzen Kreativbereich, das ist auch oft etwas heikel, weil das Selbstverständnis der Leute ein anderes ist, und auch die Grenzen fließend sind. Es gibt genügend Leute, die bei uns im Kursbereich tätig waren und dann durchaus eine gewisse Karriere im künstlerischen Bereich gemacht haben, also da sind die Grenzen fließend, aber der Kursbesuch oder der Besuch eines VHS-Kurses ist jetzt nicht unbedingt eine Qualifikation für eine künstlerische Tätigkeit im engeren Sinn. Das gilt für die Literatur genauso.

Gibt es in Bezug auf die vorhandene räumliche oder technische Infrastruktur aktuell einen Handlungsbedarf? Das heißt den Wunsch nach quantitativer oder qualitativer Erweiterung?

Hubert Hummer: Ich meine, das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Grundsätzlich muss man sagen, ist durch den Bau des Wissensturms natürlich ein Quantensprung passiert, allerdings ein Quantensprung, der primär den qualitativen Aspekt betrifft, den quantitativen, also das Ausmaß an Kursräumen und dergleichen … das glauben manche Leute nicht, wenn sie das große Haus sehen, aber quantitativen Bedarf gibt es durchaus. Also von der Bürofläche angefangen bis hin zur Fläche der Kursräume hätten wir eigentlich, zumindest theoretisch gesehen, einen Erweiterungsbedarf, obwohl wir eh in ganz Linz arbeiten. Also ich sage jetzt einmal, was die VHS-Kurse betrifft, sind sehr grob ca. ein Drittel der Kurse da im Haus und zwei Drittel ohnedies verteilt über Linz, in den Volkshäusern, in Schulen, in anderen Räumlichkeiten. Aber wir stellen natürlich fest, auch nicht überraschend, dass sehr viele Leute da her wollen, weil es halt eine andere Qualität hat und da können wir bei weitem nicht das Angebot machen, das wir machen könnten, wenn die Rauminfrastruktur umfassender wäre. Nur gibt es weder Pläne noch einfache Möglichkeiten, das vor Ort auszudehnen, weil eine Aufstockung des Gebäudes, abgesehen jetzt von der Budgetsituation, die wir vorfinden, auch aus anderen Gründen nicht möglich wäre, oder nur mit riesigem Aufwand möglich wäre. Das kann man vielleicht dazusagen, was mir auch ganz wichtig war, dass durch den Bau des Wissensturms nicht die flächendeckende Arbeit, die stadtteilorientierte Arbeit, sowohl der VHS als auch der Bibliothek beeinträchtigt wird. Und das ist sie de facto nicht geworden. Was schon ist, wir hätten im Bereich der Rauminfrastruktur in den Zweigstellen klare Reformvorstellungen. Es gibt so etwas wie einen Zweigstellen-Entwicklungsplan, der vorsehen würde, die Anzahl der Bibliothekszweigstellen zu verringern, nicht als Sparprogramm sondern als Qualitätsprogramm, und die verbleibenden Standorte personell, medial, von den Öffnungszeiten her, von der Aufenthaltsqualität der Räume her, zu verbessern. Also ein Konzentrations-Prozess, der im Idealfall, wenn neue Räumlichkeiten gebaut oder bezogen würden, die sich eignen … sozusagen das Modell, das wir da herinnen probieren, das durchaus mühsam ist, aber viel Aufmerksamkeit findet, auch im Ausland sogar, nämlich die VHS und die Bibliothek inhaltlich zusammen zu binden … der Anspruch ist ja, dass die zwei Einrichtungen nicht mehr oder weniger gut nebeneinander existieren, sondern dass sie – jetzt übertrieben ausgedrückt – so etwas wie eine neue Bildungseinrichtung bilden, einen Lernort neuen Typs, wenn du es so nennen willst, zumindest ein Stück weit entsteht. Und an dem arbeiten wir da im Haus, das setzt mehr oder weniger auch eine gemeinsame, räumliche Unterbringung voraus. Das wäre auch durchaus für die Stadtteile angedacht, hieße aber, viele Standorte, die wir jetzt haben, von der Räumlichkeit zu verlassen, andere aufzusuchen und das trifft halt auf großen politischen Widerstand.

Ok. Der Hauptblock handelt von der kulturellen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Linz. Ich würde gerne mit einem kurzen Assoziationsspiel anfangen. Wenn irgendwo „Kulturstadt Linz“ steht, was würdest du frei damit assoziieren? Egal ob es jetzt Namen, Einrichtungen, Begriffe, Themen oder Inhalte sind.

Hubert Hummer: Beginnen würde ich mit einem Schlagwort. Das ist natürlich en Schlagwort, war aber zumindest für meine Person, und ich denke mir, auch für viele, mit denen ich zusammengearbeitet habe, handlungsanleitend. Das ist halt der berühmte Ausspruch von Hilmar Hoffmann, „Kultur für Alle“, also ein Demokratisierungsanspruch im kulturellen Bereich, die kulturelle Teilhabe breiterer sozialer Gruppen und Schichten durch Maßnahmen welcher Art jetzt immer – das ist dann ein zweites Paar Schuhe – zu verbessern und zu entwickeln. Das wäre der erste Punkt, den ich sagen würde und für mich bleibt das auch das Programm für den nächsten Kulturentwicklungsplan. Ob man das mit der Begrifflichkeit noch machen kann und mit den bisherigen Formen, ist dann eine andere Frage und für mich die große Herausforderung beim neuen KEP, aber vom politischen Anspruch – und ich habe hier einen politischen Anspruch – würde für mich das nach wie vor Gültigkeit haben und es war auch der wesentlichste Punkt in der Vergangenheit.

Wenn du die letzten zehn Jahre betrachtest, also das Jahr 2000 ist in dem Fall eine gewisse Zäsur mit dem alten KEP: Was ist deiner Meinung nach besonders gut in der kulturellen Entwicklung dieser Stadt gelaufen?

Hubert Hummer: Was einfach augenfällig ist, dass der Ausbau der Hardware, so würde ich das jetzt einmal bezeichnen, also der Infrastruktur in Gebäudehinsicht, in allem vorangegangen ist. Wenn man sich ansieht, was in diesen zehn… weiß ich jetzt nicht einmal genau das jeweilige Eröffnungsjahr … aber wenn man sich ansieht, Lentos, AEC-Umbau, Wissensturmbau, wenn man so will. Auch ein Punkt, den ich für wichtig halte: es hat auf der persönlichen Ebene eh immer gute Beziehungen gegeben, aber wenn etwas vom Kulturhauptstadtjahr erwähnenswert ist, dann ist es für mich, dass die Kooperationen zwischen städtischen Einrichtungen und jenen des Landes doch einen Sprung gemacht haben und deutlich verbessert worden sind, und daher nehme ich da jetzt dann natürlich das Musiktheater auch dazu. Gut, das ist noch nicht eröffnet, aber es fällt, was die Entscheidungsfindung und Konzipierung betrifft, ja auch in diese Phase rein. Das ist sicher das Augenfälligste und Eindeutigste, was in diesen zehn Jahren passiert ist. Was nicht heißen soll dass, hoffe ich zumindest, innerhalb dieser Einrichtungen dann nicht auch anspruchsvolle Politik gemacht worden ist, aber wenn man durch Linz geht, denke ich mir, ist das einmal das … also wenn jetzt wer kommen würde, der jetzt zehn Jahre nicht da war, und man sagt ihm, schau dir an, wie sieht die Stadt jetzt aus, dann würde er wahrscheinlich das zuerst einmal registrieren.

Was würdest du sonst noch damit in Verbindung bringen? Also besonders gute kulturelle Entwicklungen der Stadt?

Hubert Hummer: Ich meine, wie eng oder nicht eng dieser Zusammenhang ist und wie reformbedürftig oder nicht reformbedürftig, da kommen wir vielleicht noch hin, aber der ganze Bereich der Kunst im freien Raum oder wie du das nennen willst, hat natürlich in dem Zeitraum auch eine wichtige Entwicklung genommen, vielleicht bis hin zu einem kritischen Punkt, wo ich glaube, dass man sich manche Formate jetzt neu anschauen muss ein Stück weit. Aber das ist, denke ich mir, schon eine augenfällige Entwicklung gewesen und hat für mich durchaus, wie eng oder nicht eng ist dann die Frage, auch mit diesen Anspruch, den ich zuerst formuliert habe, zu tun. Also es gibt dort wo ich zumindest mit dabei war, und ich bin ja lange da herinnen, einen Zusammenhang, das heißt, das man gesagt hat, dadurch dass man hinaus geht in den freien Raum, leistet man halt einen – nicht ausreichenden vielleicht – Beitrag, um zu öffnen. Pflasterspektakel, Klangwolke, alle diese Punkte, die da dazuzählen, bis hin wenn du so willst, auch das würde ich dazunehmen … weiß ich nicht, ob sich Martin Sturm wehren würde, aber der Höhenrausch 1, 2, auch das würde ich eigentlich als neues Format in diesem Bereich sehen.

Die andere Seite der Medaille: Mit welchen kulturellen Entwicklungen der letzten zehn Jahre bist du überhaupt nicht zufrieden?

Hubert Hummer: Na ja, überhaupt nicht, da muss ich ein bisschen aufpassen, weil ich wirklich im kulturellen Bereich im engeren Sinn oft auch nur als Beobachter oder als Teilnehmer oder sonst wie tätig bin, nicht als Gestalter. Aber wenn ich zum Beispiel das Jahr 2009 hernehme, weil in diesem Sinne spielt das ja da jetzt ständig auch mit eine Rolle, dann war für mich, bei aller kritischen Position, weil ich Dinge die aus der so genannten, was immer das jetzt im Detail ist, Freien Szene kommen, die für mich nicht unhinterfragt jetzt gut oder positiv sind, die zu geringe Einbindung dieses Bereichs sowohl im Kulturhauptstadtjahr als auch darüber hinaus ein Problembereich der Entwicklung, der vielleicht auch mit der starken Institutionalisierung, also mit diesen Neubauten, mit diesen Dingen, die ja viel Zeit und Energie und Kraft und Geld gekostet haben, möglicherweise in einem Zusammenhang steht.

Linz 09 gleich als Thema. Zwei kurze Resümees hast du jetzt in Verbindung mit Linz 09 bereits gebracht. Das eine war die, was eher positiv ist, die Stadt-Land-Kooperationen, das andere war eher etwas Kritisches, die Einbindung der lokalen Kunst- und Kulturschaffenden. Was fällt dir sonst resümierend zu Linz09 noch ein?

Hubert Hummer: Ich sage vielleicht dazu, ich war immer jemand, der dem kritisch gegenübergestanden ist, weil ich mit vielen Dingen nicht einverstanden war, also auch wie die Prozesse gemacht worden sind bis hin zu Programmpunkten, wo ich mich frage, ob die sinnvoll gewesen sind. Ich hatte da generell eine kritische Position, ich meine, dieses große Ziel der Nachhaltigkeit sehe ich irgendwie nicht. Ich habe nicht das Gefühl, dass sich … vielleicht ist das aber auch ein völlig unrealistischer Anspruch gewesen, dass sich Linz durch dieses Jahr allgemein und im Kulturbereich im Besonderen so dramatisch verändert hätte. Es mag sein, dass der internationale Blick auf Linz oder das Image, wenn du so willst, besser geworden sind, das kann ich jetzt eigentlich nicht wirklich beurteilen, aber den Eindruck hätte ich sozusagen aus manchen Gesprächen und auch Presseberichten. Es ist vielleicht das Klima irgendwo etwas offener und toleranter geworden, aber da bin ich auch sehr vorsichtig, weil, woran macht man das fest? Es ist diese Kooperation von mir schon angesprochen worden. Es gibt ein paar Folgeprojekte, die ich wichtig finde. Das ist zum einen der Höhenrausch als neuer Beitrag zu diesem – aus meinem Verständnis – Bereich der Kultur im offenen Raum oder das Gelbe Haus. Das ist ein Punkt, der zwar viel diskutiert worden ist in den letzten zehn Jahren, wo ich auch mit publiziert habe und so weiter, wo aber in Wirklichkeit nicht viel passiert ist. Also die ganze Stadtteilkulturentwicklung, da sind wir nicht wirklich weitergekommen und das Gelbe Haus bewerte ich deswegen als positiv. Ich bin dem zuerst, gebe ich ganz offen zu, durchaus ein wenig skeptisch gegenüber gestanden und war ein Stück weit überrascht, welche Impulse und Prozesse das ausgelöst hat und bin daher auch sehr froh dass es Nachfolgeprojekte geben wird. Verbunden mit der Hoffnung, dass diese Nachfolgeprojekte vielleicht zu einer generellen Diskussion, wie man denn in Zukunft mit der Stadtteilentwicklung in einem kulturellen Sinn umgeht, beitragen könnten. Das denke ich mir, ist auch ein Impuls und ein Ergebnis, das ich positiv, also das ich bei Linz09 positiv bilanzieren würde.

Du hast es kurz angesprochen. Auch wenn es schwierig ist von der Einschätzung, Linz in der internationalen Wahrnehmung, als internationale Kulturstadt, wenn man so will, war ja auch ein Label, das man durch Linz09 wollte. Bekommst du das irgendwie mit, dass Linz international als Kulturstadt wahrgenommen wird? Oder wie weit reicht deiner Meinung nach diese Wahrnehmung? Oder ist das unerheblich?

Hubert Hummer: Ich will nicht sagen, dass es unerheblich ist, das glaube ich überhaupt nicht. Aber ich kann es tatsächlich nicht wirklich einschätzen. Ich meine, die paar Rückmeldungen, die ich von Bekannten habe, die halt irgendwo anders leben, sind irgendwie so wenig empirisch, dass ich nicht weiß, ist es da mehr die Zufälligkeit, dass die halt mehr wissen, weil es halt einen persönlichen Kontakt gibt. Also da würde ich sehr vorsichtig sein, aber ich habe oft gesagt, möglicherweise sind die, was jetzt das Image … da ist ja auch die Frage, was ist ein Image einer Stadt ist … aber was das Image von Linz betrifft, sind möglicherweise die nachhaltigsten Dinge bei Linz09 solche gewesen, die für Linz09, wenn ich richtig informiert bin, eher randständig waren, weiß ich nicht, dass es zum Beispiel jetzt einen Bericht im Merian gibt über Linz, so etwas hat nicht existiert früher. Ich weiß nicht ob jetzt der Lonely Planet Linz vielleicht anders beschreibt, das müsste man testen, auf das bin ich nämlich einmal gestoßen, habe ich durchgelesen und mir gedacht: Wahnsinn. Selbst, wenn man eine kritische Position zur eigenen Stadt hat, das ist so etwas von daneben. Ich habe das dann auch kommuniziert, habe aber keine Ahnung ob dann in einer Neuauflage das … aber vielleicht wird so etwas erleichtert oder beschleunigt, wenn man einmal Kulturhauptstadt gewesen ist und damit doch zumindest für Insider, interessierte Leute, Journalisten stärker im Fokus gestanden hat wie ohne dieses Etikett und diese Position. Aber du merkst, das sind mehr Vermutungen wie wirklich gestützte Einschätzungen. Ich habe auch die Geschichte mit dem Neujahrskonzert für entscheidend, also für sehr wichtig gefunden. Ich weiß aus dem Innenverhältnis, das war ihnen eigentlich egal, der Intendanz, aber ich meine, das sind mediale Ereignisse mit einer Breitenwirksamkeit, die viele Projekte nie erreichen. Unter dem Strich würde ich schon glauben oder hoffen, ist jetzt die Frage was die richtige Bezeichnung ist, dass auch jetzt aus dem Ausland, aus dem internationalen Blick, international, wenigstens im mitteleuropäischen Raum, sich durch das Kulturhauptstadtjahr positive Effekte ergeben haben. Über Mitteleuropa hinaus weiß ich nicht, ob nicht das Ars Electronica Festival als Beispiel die viel größere Bedeutung gehabt hat und immer noch hat wie das Kulturhauptstadtjahr.

Wenn man Linz in kultureller Hinsicht mit anderen Städten vergleicht, jetzt nicht mit Wien oder Berlin, sondern mit gleich großen Städten, sei es jetzt in Österreich mit Salzburg, Graz oder Innsbruck, oder im deutschsprachigen Raum oder darüber hinaus. Womit kann Linz deiner Meinung nach in kultureller Hinsicht da punkten?

Hubert Hummer: Ich glaube, dass die Ars Electronica und auch das Ars Electronica Center schon ein sehr zentraler Punkt sind, das glaube ich schon, und ein Bereich, mit dem sich Linz sehr stark abhebt von den genannten oder wahrscheinlich auch anderen, weiteren Städten. Aber ich würde es nicht darauf beschränken. Ich meine, ich muss auch da vorsichtig sein, ich habe zwar einen Bruder in Salzburg, aber ich nehme am kulturellen Leben in Graz, Salzburg oder Innsbruck oder sonst wo in dem Sinn nicht teil. Das ist auch nicht empirisch, aber meine ältere Tochter zieht jetzt von Salzburg nach Linz zurück, das hat primär berufliche Gründe, aber sie sagt schon, es ist in Linz generell, und im kulturellen Bereich auch, viel mehr Dynamik, viel mehr Bewegung, viel mehr Innovation, wie etwa jetzt im konkreten Fall in Salzburg. Die haben halt die Festspiele, die haben die Altstadt, das ist eine tolle Stadt, über das brauchen wir nicht diskutieren, aber … ich will auch nicht sagen, dass es rundherum Nichts gibt, es gibt die Arge Nonntal und und und. Aber im Vergleich zu Linz ist es trotzdem ein … wie sage ich das jetzt, was nehme ich für einen Begriff … ein eher konservativer, bürgerlicher Betrieb. Da denke ich mir, ist in Linz viel mehr Dynamik drinnen, da gehören auch diese ganzen Geschichten im offenen Raum, die ich schon erwähnt habe, mit dazu. Es ist ja nicht nur das Ars Electronica Festival.

Wie schätzt du den Stellenwert von Hochkultur zu Subkultur zu Volkskultur in Linz ein?

Hubert Hummer: Hochkultur, Subkultur, Volkskultur. Das sind Begriffe, die ja auch nicht eindeutig sind. Wenn man jetzt Hochkultur halt üblicherweise, weiß ich nicht, klassisches Theater und Konzertbereich, diese Dinge assoziiert, nun, dann weiß ich nicht welche Geige wir dann im österreichischen Konzert spielen. Ich bin kein Kenner, aber ich war jetzt gerade vor zwei Tagen im Theater an der Wien wieder einmal, also ich meine da ist Linz relativ schwächlich. So hätte ich das im Prinzip eingeschätzt, aber vielleicht ist das ein Klischee. Das weiß ich nicht, aber ich würde das schon so sehen. Man muss nur ins Brucknerhaus gehen oder sich die Auslastung des Landestheaters ansehen. Also das, was klassisch als Hochkultur bezeichnet wird, hat meines Erachtens einen viel geringeren Stellenwert. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum viel möglich geworden ist, weil es ja auch mit der Verfügbarkeit von Mitteln zu tun hat, das muss man fairer Weise sagen. Wenn da sehr viel gebunden ist, wie es wahrscheinlich in Salzburg ist, über Jahre hinweg, dann sind halt auch die Spielräume enger. Mit der Volkskultur, da fällt mir die Antwort in einem gewissen Sinn schwer, weil ich denke mir, was man auch traditionellerweise mit Volkskultur in Verbindung bringt, hat in Linz auch einen geringeren Stellenwert wie wahrscheinlich … Wien weiß ich nicht einmal, aber wie in Salzburg oder wahrscheinlich auch wie in Graz, obwohl es gleichzeitig vielleicht zu wenig bemerkt wird und es in Linz immer wieder durch fortschrittliche Leute in dem Bereich interessante Entwicklungen gegeben hat. Wo aus letztlich volkskulturellen Traditionen heraus viel gemacht worden ist. Ich meine, ich würde – vielleicht bin ich da ganz daneben – auch Attwenger dazuzählen, oder jetzt nehme ich ein Beispiel aus dem eigenen Haus. Wir haben in Kooperation mit dem Institut für Volkskultur, die haben früher anders geheißen, eine ganze Menge an Veranstaltungen gemacht, wo wir einmal etwa den Begriff der Volksmusik problematisiert haben und in einer Reihe, die aus musikalischen Teilen und Vortragsteilen bestanden hat, dann auch ganz absichtlich Arbeiterliedgut thematisiert haben: Ist das jetzt Volkskultur, ist das nicht Volkskultur? Wie schaut das Verhältnis zueinander aus? Oder wir werden jetzt im Mai, auch wieder in Kooperation mit dem Institut für Volkskultur, und mit Gotthard Wagner in dem Fall, etwas machen, das wird heißen „Volkskultur findet Stadt“, und wird sich stark an Rap-Gruppen, auch aus dem migrantischen Milieu richten. Da ist auch bei Linz09 ein bisschen etwas gelaufen in die Richtung, der Versuch, zu problematisieren, was denn jetzt Volkskultur ist und wie sie in Beziehung zu anderen Traditionen steht, wie etwa Arbeiterkultur. Das ist vermutlich, aber ich kann da auch völlig falsch liegen, in Linz viel stärker gegeben, das wäre ja auch historisch nicht ganz unlogisch, wie in anderen Städten.

Und der Stellenwert der Subkultur? Ist das alles nur mehr Vergangenheit?

Hubert Hummer: Ein wenig habe ich den Eindruck, dass es da sehr starke Ansätze gegeben hat, die zum Teil dann auch, was ich ja nicht negativ sehe unbedingt, weil die Wirksamkeit ja vielleicht eh größer worden ist, ein Stück weit institutionalisiert worden sind, wenn ich etwa an die Stadtwerkstatt denke, aber vielleicht auch den Stachel ein bisschen verloren haben durch die Institutionalisierung und durch die langjährige Geschichte, oder auch Radio FRO oder andere. Ich meine, da tue ich mir … in Wien hat es natürlich massive Geschichten gegeben, wenn ich an die Arena denke. Das liegt zwar auch lange zurück, was natürlich viel stärkere Auswirkungen hatte. Aber das ist auch eine andere Dimension und ein anderes Umfeld. In Wien ist natürlich das, was man da jetzt pauschal als Subkultur bezeichnet, schon noch deutlich stärker ausgeprägt als in Linz. In Linz würde ich glauben stärker als etwa in Salzburg.

Wenn du dir einzelne künstlerische Disziplinen vor Augen hältst, das gesamte Kaleidoskop wenn man so will, bildende Kunst, Grafik, Malerei, Film, Fotografie, Tanz, Theater, Musik, Literatur und so weiter und so fort. Gibt es irgendwo besonderes Entwicklungspotenzial deiner Meinung nach?

Hubert Hummer: Ich meine, was mir natürlich sofort einfällt, und das ist auch eine große Diskussion, ein Streitpunkt der letzten Jahre in einem gewissen Sinn … wir haben die Kunstuniversität, wir haben dort glaube ich eine sehr lebendige Szene, wir haben auf der anderen Seite mit dem Lentos eine hervorragende Ausstellungsinfrastruktur, also wenn wir das, was eigentlich, soweit ich weiß oder beurteilen kann, in der Frühphase des Lentos angelegt war, auch konsequent durchziehen würden, auch in einer vernetzten Art und Weise, was die verschiedenen Institutionen in Linz betrifft, könnte das zum Beispiel schon ein Profil sein. Also dass das Lentos wirklich einen totalen Schwerpunkt im Bereich der so genannten experimentellen, modernen Kunst hat und nicht auf Blockbuster geht und nicht auf diese Bereiche geht, nur dann wird man halt … das ist halt der Streitpunkt, dann bekommst du halt natürlich nicht die Besucherzahlen, die du mit einer Schiele-Ausstellung oder so etwas hast. Aber das wäre zum Beispiel ein Bereich, wo ich sage, da wären, glaube ich, viele Grundlagen da und da würde auch viel dafür sprechen, weil man sich damit schon ein Stück weit von anderen Ausstellungsbereichen und Städten abgrenzen könnte. Aber das muss einem auch klar sein, das ist kein Massenprogramm, wobei ich generell schon glaube, in der nächsten Periode oder im neuen KEP, wenn du so willst, sollte man meiner Meinung nach schon sehr genau überlegen, wie man – zuerst haben wir sehr viel Hardware, ich bleibe bei der Begrifflichkeit, entwickelt – im Bereich der Software Schwerpunkte setzt, und damit meine ich unter anderem auch Kulturvermittlungsprogramme. Das gilt auch für das Haus da, das gilt aber auch für einen Ausstellungsschwerpunkt „Experimentelle, moderne Kunst“ im Lentos, wo sicher noch nicht alles ausgeschöpft ist. Ich meine, man wird dann nicht die Massen bekommen, aber es ist sicher noch nicht alles ausgeschöpft, was an Vermittlungsmöglichkeiten und an Hilfestellungen, um Zugangsbarrieren auch abzubauen, möglich ist. Das ist das, was mir als erstes einfallen würde.

Zuvor hast du angesprochen, Kunst im freien Raum, Kultur im freien Raum, Kunst im öffentlichen Raum, Kunst und Kultur im öffentlichen Raum. Ist da noch Potenzial drinnen oder würdest du sagen, es passt?

Hubert Hummer: Da muss man sich, glaube ich, wirklich mit Leuten zusammensetzen, die dort mehr drinnen sind. Da täte ich mir jetzt in der Antwort schwer. Ich denke mir, es gibt viel … ich habe es aber auch am Beginn erwähnt, es gibt viel, es ist nur die Frage, ob zum Beispiel ein Format wie die Klangwolke, wo viele Leute nach wie vor kommen, sich nicht ein Stück weit, ich will nicht sagen überlebt hat, das wäre vielleicht zu scharf ausgedrückt … aber mir kommt vor, da muss man einmal hinschauen, das ist jetzt ein bisschen vage und allgemein formuliert, wie man mit dem weiter geht. Ich habe das Gefühl, in den letzten Jahren, das hat mich sehr oft nicht überzeugt, was in den letzten Jahren gerade auch von einer inhaltlichen Seite her dort passiert ist. Was nicht heißt, das jetzt einfach irgendwie aufzugeben und aufzulassen, aber da … nur ich sehe mich da jetzt nicht als derjenige, der da die Lösungsvorschläge hätte oder der sich da … da kenne ich mich einfach zu wenig aus, aber das gehört – schöner Begriff – evaluiert.

Würdest du sagen, dass man für derartige Formate, gerade wenn man die Klangwolke sich ansieht, den Begriff „isoliert“ verwenden kann? Also „isoliert“ in dem Sinn, dass sie keine Verschränkungen mehr zu anderen Bereichen entwickelt.

Hubert Hummer: Ja, das würde ich schon so sehen. Es ist so in dem … ich habe überhaupt keine Berührungsangst zum Bereich Tourismus. Ich denke mir, das ist auch legitim, dass man überlegt, wie können kulturelle Ereignisse, oder wechselweise, irgendwie Stimulationen erfolgen. Aber für mich ist die Klangwolke schon ein Stück weit zu einem touristischen … ich meine, das ist jetzt zu scharf ausgedrückt, wenn ich sage, Produkt verkommen, das wäre nicht gerecht und nicht richtig. Es kommen nach wie vor viele Leute. Aber in einem künstlerischen oder politischen Diskurs, was ja am Anfang durchaus der Fall gewesen ist, oder über viele Jahre der Fall gewesen ist, das hat sich sehr stark zurück entwickelt. Und das hat, glaube ich, auch mit den in den letzten Jahren realisierten Produktionen zu tun.

Wenn wir uns von den Disziplinen weg bewegen und eher hin zu kulturellen Themen, Themenschwerpunkten gehen. Welche drei thematischen Schwerpunkte mit Kunst- und Kulturbezug, würdest du meinen, werden die Stadt zukünftig vor die größten Herausforderungen stellen?

Hubert Hummer: Das ist eine schwierige Frage, weil ich glaube, dass es eine Menge von Themen gibt, die kommen und diskutiert werden müssen. Aber jetzt, das ist der erste Punkt und ist jetzt eine Wiederholung, wobei ich nicht sage, dass das auf die Stadt zukommt, sondern da gehe ich eher davon aus, dass es ein Anspruch der Stadt selbst bleiben muss, sich zu überlegen – ich bleibe einmal bei der vielleicht antiquierten Terminologie – wie man diesem Anspruch „Kultur für alle“ gerecht wird. Demokratisierung der Kultur, sind alles so Floskeln natürlich, weitere Demokratisierung der Kultur, Verbesserung der Partizipationsmöglichkeiten am kulturellen Geschehen und so weiter, das wäre für mich jetzt, wenn ich hauptverantwortlich wäre für den neuen KEP der Punkt Nummer eins. Der Punkt Nummer zwei wäre schon die Frage der Vernetzung und der Vermittlung. Wir haben jetzt sehr viele Institutionen, die sehr hoch entwickelt sind, wir haben gebäudemäßig eine sehr gute Infrastruktur, es gibt auch sehr viel Potenzial, was Personengruppen, Institutionen betrifft, die aber sehr oft auch irgendwo mehr oder weniger unverbunden nebeneinander arbeiten. Ich glaube, dass das ein Potenzial ist, das nicht … wobei nicht überall Kooperation der Schlüssel zum Erfolg ist, das sage ich auch dazu. Aber diese Frage der Vernetzung und der Kulturvermittlung wäre für mich die zweite. In vielen Fällen bietet sich hier eine Kopplung von Vernetzung und Kulturvermittlung an. Wir versuchen das auch punktuell, indem wir sagen, ok, wir nehmen, um ein eigenes Beispiel zu sagen, wir haben im Haus Reihen, die versuchen, Ausstellungsprogramm im Lentos auch aufzubereiten. Wir haben das lange mit dem Landestheater auch gemacht, das machen wir momentan nicht, aber vielleicht machen wir das wieder. Also ich weiß nicht, das sind alles kleine und hilflos wirkende Beispiele, aber wir machen jetzt … haben heuer mit relativ gutem Erfolg angefangen, im Lentos fremdsprachige Führungen durchzuführen, kürzlich italienisch einmal bei einer Ausstellung. Ich verwende Vernetzung und Kulturvermittlung deswegen gemeinsam, weil es hat zwar jeweils eine eigenständige Qualität, aber es gibt, glaube ich, auch viele Berührungsflächen, sich da gemeinsam anzustrengen und gemeinsame Konzepte und Projekte zu entwickeln. Ja, und der dritte Bereich, auch wenn man vielleicht sagen könnte, das ist jetzt eine abgeschlossene Sache, aber die Stadt hat halt einmal die Tabakfabrik gekauft, und jetzt kommt es darauf an, was passiert und in welche Richtung man gehen wird. Aber das ist natürlich auch für die Entwicklung des kulturellen Bereich potenziell eine riesige Herausforderung und auch irgendwo eine riesige Chance, umso mehr, da es meines Wissens keine schlüssigen Konzepte bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt. Es gibt alle möglichen vagen Vorstellungen, die ich einmal mehr und einmal weniger gescheit finde, aber nicht wirklich … das ist natürlich eine riesige Herausforderung. Und mit dem muss sich auch der kulturelle Bereich von Linz – wenn nicht eine völlig andere Nutzung kommt – dem entsprechend auseinander setzen.

Zu den einzelnen Themenbereichen. Kulturentwicklung, Kulturplanung, Evaluierung. Wie weit bist du über die Inhalte des Kulturentwicklungsplanes aus dem Jahr 2000 informiert?

Hubert Hummer: Ich denke, da bin ich sehr gut informiert, weil ich in der Erstellung involviert war und auch Fokusgruppen oder Diskussionsrunden moderiert und geleitet habe. Also den Prozess habe ich hautnah miterlebt und auch ein Stück weit mitgestaltet.

Was bringt Kulturentwicklung und Kulturplanung für eine Stadt wie Linz eigentlich deiner Meinung nach?

Hubert Hummer: Es bringt einfach eine gewisse Systematik, es ist die Voraussetzung dafür, Förderschwerpunkte zu setzen, also ein Stück weit von einem Gießkannenprinzip, was grundsätzlich nicht immer schlecht ist, das möchte ich dazu sagen, weg zu kommen und zu sagen, wo sind die Schwerpunkte in einem definierten zeitlichen Rahmen. Das ist ja keine Entscheidung auf ewig. Das halte ich bei so einer Planung auch für wichtig, dass klar ist, von welchem Zeitraum reden wir in etwa, weil ich glaube, dass man das dann leichter kommunizieren kann, dass in bestimmte Bereiche stärker investiert wird wie in andere. Es ist, glaube ich, für die gesamte Szene wichtig, zu wissen, wohin denn in den drei oder fünf oder wie immer wie vielen Jahren die Stadt will, weil damit Beteiligungsmöglichkeiten einfacher werden, zumindest für jene, die dort Beiträge leisten können und wollen. Sonst ist es halt eine Frage von Zufälligkeiten und von Eintagsentscheidungen, wenn man nicht diese längerfristige Perspektive hat. Es darf nur nicht zum Korsett werden, das ist immer die Gefahr daran.

Wenn du den alten Kulturentwicklungsplan betrachtest, bei dem du in der Erstellung involviert warst, und mit einer gewissen Distanz darauf blickst, würden dir irgendwelche Defizite einfallen?

Hubert Hummer: Da muss ich gestehen, da müsste ich jetzt, dort steht er griffbereit, noch einmal drauf schauen und ihn noch einmal durchblättern, weil ich ihn nicht so parat habe. Ich denke, in den Bereichen, die ich auch für den neuen KEP besonders betont habe, die sind sicher im alten, nehme ich an, in der einen oder anderen Form auch schon drinnen, etwa die Frage der Kulturvermittlung oder der Vernetzung. Das ist sicher drinnen. Wir haben da auch das Frauenthema diskutiert, auch das, glaube ich, steht im alten KEP schon drinnen. Alle drei Bereiche sind Bereiche, wo ich glaube, dass nicht so wahnsinnig viel im Zuge der Umsetzung dieses KEPs, als drei Beispiele jetzt einmal, passiert ist. Der Wissensturm steht noch nicht als Wissensturm, aber generell als Gebäude drinnen, der ist umgesetzt. In dem Bereich ist, denke ich, mehr realisiert worden wie in diesem Software-Bereich.

Weil es auch einfacher ist?

Hubert Hummer: Sicher, es ist viel einfacher, ein Haus bauen. Da brauchen wir überhaupt nicht zu diskutieren.

Eine Detailfrage: Wie bewertest du die Möglichkeit der Kulturverträglichkeitsprüfung, die im alten Kulturentwicklungsplan festgeschrieben ist? Sagt dir das etwas?

Hubert Hummer: Das ist auch ein Punkt, wenn ich nicht ganz falsch liege, wo eigentlich nicht viel weiter gegangen ist, was nicht in dem Sinne umgesetzt wurde. Den Begriff habe ich noch parat. Ich weiß jetzt nicht, ob sich nicht sogar der Gemeinderat damit beschäftigt hat, das kann ich jetzt nicht mehr genau sagen, aber vermutlich ist einfach die Forderung zu allgemein geblieben. Ich glaube, wenn man weiter kommen will, muss man operationalisieren und fragen, was ist das jetzt wirklich im Detail und wie setzt sich das um? Gibt es dann ein Gremium, wie den Gestaltungsbeirat, der Gebäude prüft, die errichtet werden sollen? Bei dem ist es sicher stecken geblieben.

Wie soll sichergestellt werden, dass die Maßnahmen, die im neuen Kulturentwicklungsplan stehen, auch umgesetzt werden? Im alten Kulturentwicklungsplan gibt es meiner Meinung nach oftmals keine klaren Trennungen zwischen Zielformulierungen und Maßnahmen.

Hubert Hummer: Dem würde ich zustimmen. Es ist natürlich auch der schwierigere Bereich, wo die Politik nicht so viel Freude hat, weil an dem kann man dann ganz konkret gemessen werden, wenn das operationalisiert und damit überprüfbar drinnen steht. Aber zumindest ein Stück weit, ich bin da eh bescheiden und vorsichtig, in einem neuen KEP auch in Richtung einer Operationalisierung zu gehen, wäre natürlich ein Vehikel der Umsetzung, unter der Voraussetzung, dass dann der Gemeinderat zustimmt, denn das wird wieder das Gremium sein, das den KEP beschließen muss. Das war damals schon ein Thema. Wir haben, wenn ich nicht ganz falsch liege, weil es ist ja doch eine Zeit her, in den vielen Versionen, die es gegeben hat, natürlich auch viel konkretere Formen drinnen gehabt, die dann teilweise einfach im Auftrag oder auf Wunsch der Politik ein Stück weit verallgemeinert worden sind, weil man sich nicht in dem Ausmaß binden wollte. Ein bisschen Verständnis habe ich sogar dafür, dass die Politik das so sieht, aber wenn man die Umsetzung in einem höheren Ausmaß gewährleisten will, so hätte ich es jetzt verstanden und dem würde ich zustimmen, muss man es konkreter, operationalisierbarer, überprüfbarer formulieren und auch so beschließen lassen. Den Weg, den man letztes Mal, glaube ich, überlegt hat, „Wir beschließen einmal die groben Bereiche und das ist dann ein Teil der Umsetzungsaufgabe.“, birgt halt die Gefahr, dass dann das eine oder andere überhaupt nicht umgesetzt wird.

Eine Kritik in einem anderen Interview lautete, dass dann das Büro Linz Kultur oder das damalige Kulturamt mit der Umsetzung betraut wurde, aber die öffentlichen Häuser, die nicht im Zuständigkeitsbereich des Kulturamts lagen, nicht ausreichend an die Ergebnisse des Kulturentwicklungsplans gebunden wurden.

Hubert Hummer: Das ist sicher richtig, dem würde ich zustimmen. Das ist für mich mit ein Motiv, für das, was ich zuerst für den strukturellen Bereich gesagt habe. Ich meine, wenn ich mich in die Lage versetzte, ich bin der Bürgermeister, dann wäre für mich der Kulturdirektor naheliegend jener, der dann auch den Umsetzungsauftrag hat und wenn der den nur bedingt wahrnehmen kann, weil sein Einfluss vor der Haustür des AEC oder der LIVA endet, dann sind auch seine Möglichkeiten enden wollend. Das wäre ein wesentlicher Bestandteil, dass man solche Entwicklungsplanungen umsetzen kann, dass man schaut, dass die Institutionen, die städtischen in dem Fall, weil es ja ein städtischer Kulturentwicklungsplan ist, stärker beteiligt sind und sich stärker mit den Ergebnissen oder den Beschlüssen oder wie immer du das nennen willst, halt dann den Plan als solchen identifizieren und sich an den halten, also eine höhere Verbindlichkeit für die Einrichtungen, aber auch eine höhere Steuerbarkeit durch die zuständige Stelle. Wer immer das dann ist und wie der heißt, aber für mich wäre das naheliegend, dass es der Kulturdirektor ist. Sonst sitzt er in irgendwelchen Aufsichtsräten und darf etwas dazu sagen, aber was dann passiert, ist trotzdem ein zweites paar Schuhe.

Nächster Themenbereich, Kunst- und Kulturvermittlung. Wenn du das derzeitige Angebot an Kunst- und Kulturvermittlung in Linz betrachtest, gibt es irgendetwas, was dir besonders gut gefällt, wo du sagst, das ist besonders herausstechend und auf der anderen Seite, ich stelle die Frage gleich dazu, etwas, wo du sagst, das gefällt dir überhaupt nicht?

Hubert Hummer: Mir gefällt zum Beispiel ganz gut, ohne dass ich es im Detail kenne und bewerten kann, aber soweit ich es mitbekomme, die Bemühungen des AEC, um ein Beispiel zu nennen, sehr stark mit den Schulen zu kooperieren und Schulen ins AEC zu bringen oder mit denen gemeinsam Dinge zu entwickeln. Das wäre für mich ein positives Beispiel. Wie weit das ausbaufähig ist und wie gut das schon ist, da bin ich jetzt wirklich vorsichtig, weil ich das zu wenig kenne. Ich meine, im Lentos gibt es die Führungen für Schulen, das ist ok, aber ich frage mich, ob damit die Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Ich denke, und deswegen habe ich das auch als einen notwendigen Schwerpunkt gesehen, dass alleine meine zögerliche Antwort, zeigt, dass ich gar nicht recht weiß, was es denn gibt und nachdem ich nicht glaube, dass ich es nicht mitbekommen hätte, wenn es wirklich interessante und ein bisschen Aufmerksamkeit erzeugende Dinge gibt, wäre das für mich ein Indiz, dass da noch viel Brachland besteht. Würdest du ein Beispiel sehen in der einen oder anderen Richtung sehen?

Das erste, was mir dazu einfällt sind – aber das hängt immer viel mit Ressourcen zusammen – und was ich besonders positiv hervorheben würde, ist „I like to move it move“ im Rahmen von Linz09.

Hubert Hummer: Ok, da gebe ich dir recht. Man muss zwar aufpassen, weil es wird immer beschworen … ich war selbst Lehrer und es sind die Möglichkeiten dann teilweise auch wieder beschränkte, aber die Möglichkeit der Kooperation mit Schulen, die ja in diesem Projekt, soweit ich es verfolgt habe, vorbildlich gewesen ist, ist natürlich ein Feld im Bereich der Kulturvermittlung, das wichtig ist. Ich meine, wir machen das auch im Haus, in einer sehr banalen Form, wo zu unserer Freude sehr viele Schulen, Kindergärten kommen in die Bibliothek und eine Bibliotheksführung machen und wir denen auch eine Einführung geben, wie man die Bibliothek benützt und so weiter. Aber das ist alles so punktuell, sozusagen einrichtungsbezogen, daher weiß man dann oft auch gar nicht genau, was dort läuft, und da wäre schon die Frage, wie weit man, wenn man so einen Schwerpunkt macht, einen Pool von Leuten einrichtet, die in dem Bereich zum Beispiel tätig sind.

Es gibt die Idee, einen besonderen Anreiz zu schaffen für die Kunst- und KulturvermittlerInnen, indem ein eigener Preis für Kunst- und Kulturvermittlung eingeführt wird. Wie schätzt du das ein?

Hubert Hummer: Wie soll ich sagen? Preise können schon eine Katalysatorwirkung haben, aber wenn dann eher im Sinne einer Startveranstaltung. Ich glaube, dass man dann eine Kontinuität braucht, die über die Zufälligkeit, die über solche Preise und Wettbewerbe entsteht, wahrscheinlich nicht sichergestellt werden kann. Ich denke, der Bereich der Kulturvermittlung als solcher muss einen, auch finanziell anderen Stellenwert und eine andere Attraktivität erhalten und ein eigenständiges, anerkanntes Segment in dem ganzen Bereich sein. Es spricht nichts dagegen, einen Preis zu machen, aber ich glaube dass da mehr Qualifikation, Ausbildung, Bewusstseinsarbeit bis hin zu Beschäftigungsverhältnissen und Entlohnung erforderlich ist, dass sich das wirklich weiter entwickelt. Da kann der Preis vielleicht unterstützend wirken, aber kann das mit Sicherheit nicht ersetzen.

Fällt dir noch irgendetwas zu neuen Formaten oder Programmen in der Kunst- und Kulturvermittlung ein, wo du dir denken würdest, das wäre zielführend? Ein paar Beispiele sind jetzt angeführt worden, neue Wege in der Kunst- und Kulturvermittlung in der Schule sind gegangen worden, es hat neue Formate in der interkulturellen Kunst- und Kulturvermittlung gegeben.

Hubert Hummer: Ich habe jetzt nicht den Vorschlag, ich habe jetzt auch nicht das Konzept. Es gibt ja viele Ansätze, auch bei den Landesausstellungen, wo teilweise sehr gute Programme gemacht wurden, teilweise weniger gute Programme gemacht wurden, oder weiß ich nicht, im Schlossmuseum bei den Ausstellungen und so weiter. Ich glaube, dass man einmal das Know-How, welches ja durchaus da ist – es ist ja nicht so, dass das nicht da ist – halt bündeln muss und dann schauen, dass aus dieser Bündelung vielleicht Neues und qualitativ Besseres entsteht. Das ist eine sehr allgemeine Antwort, das weiß ich, aber ich orientierte mich da stärker auf den Prozess und sage nicht, ich habe irgendwie eine Lösung für ein bestimmtes Format.

Ich glaube, es hat auch viel mit Organisationsfragen zu tun, wenn es zum Beispiel eine Holding gibt …

Hubert Hummer: … ist das ganz eine andere Voraussetzung.

Und ein Teil davon hat dann mit Kunst- und Kulturvermittlung zu tun.

Hubert Hummer: Zum Beispiel. Es wäre auch die Frage, wenn die Holding nicht kommt – wir müssen sagen, das hat natürlich mit Geld und Personen zu tun, das ist mir auch klar – wie weit das dann als verbindende Aktivität vom Büro Linz Kultur entwickelt und gesteuert werden könnte oder sollte, im Sinne einer übergeordneten Zuständigkeit, die zwar die Interessen der Einrichtungen berücksichtigt, aber stärker einander bindet. Warum soll jemand, der dort qualifiziert ist … und das braucht, glaube ich, eine eigene Qualifikation, das ist nicht so, dass man das irgendwie nebenher nur macht. Es wird schon so sein, dass man dann vielleicht einen besonderen Zugang zur bildenden Kunst braucht, um Dinge im Lentos anders zu machen wie in der Bibliothek, das wird schon sein, aber eine gewisse Grundqualifikation ist dann breiter einsetzbar. Wenn du so einen Pool hast, dann kannst du auch anlassbezogen, sei es eine Ausstellung im Nordico oder sonst wo, Begleit- und Vermittlungsprogramme entwickeln lassen, weil in vielen Fällen musst du es anlassbezogen entwickeln, wie wenn du, so wie jetzt, eher zufällig auf Einzelpersonen angewiesen bist.

Letzter Themenbereich. Stadtteile, Stadtrand, Stadtregion. Da würde mich als erstes interessieren, wie du das Verhältnis von Stadtzentrum zu Stadtrand in Linz einschätzt, wenn du die kulturellen Angebote und Aktivitäten ansiehst?

Hubert Hummer: Wenn ich mir die ansehe, soweit ich sie halt kenne, dann denke ich, ist es ein ganz klares, und das kann man jetzt positiv oder negativ sehen, das sage ich gar nicht einmal wertend, Zentrum-Peripherie-Modell. Alles was sich kulturell abspielt, spielt sich im Zentrum ab, von wenigen Ausnahmen würde ich einmal absehen, und sehr wenig in den einzelnen Stadtteilen.

Was würdest du als Empfehlungen, als Sofortmaßnahmen, wenn man so will, vorschlagen, um die Stadtteilkulturarbeit in Linz zu verbessern?

Hubert Hummer: Sofortmaßnahme ist gut gesagt. Es gibt eine alte Forderung, die, glaube ich, nach wie vor aufrecht ist. Da gibt es auch internationale Beispiele, ich habe mir das eine oder andere angesehen in Städten. Wenn du nicht vor Ort, also im Stadtteil, tatsächlich jemanden hast, der sich darum kümmert, der dort Vernetzung betreibt, der dort schaut, welche Bedürfnisse es vielleicht abweichend zu anderen Teilen von Linz gibt, der dort Initiativen setzt, dann wird man nicht recht weiter kommen. Das geht in die Richtung von Stadtteilbüros.

Sind die Volkshäuser dafür zu wenig?

Hubert Hummer: Ein Volkshaus ist sicher zu wenig. Die Volkshäuser sind sicher von der Idee her und teilweise auch von der Realität her – da gibt es meines Erachtens riesige Unterschiede – tolle Einrichtungen, aber das ist etwas, was wir schon vor 20 Jahren gesagt haben. Die Gebäudeinfrastruktur alleine und der Umstand, dass dort dann eine Bibliothek drinnen ist oder was weiß ich sonst noch, das bringt das Haus nicht zum Leben. Ich meine, wir bespielen beispielsweise viele Volkshäuser aus Sicht der Volkshochschule und der Stadtbibliothek, aber das ist viel zu wenig, das ist mehr oder weniger, ein Zentralangebot hinauszutragen und flächendeckend anzubieten. Vielleicht ist das aber auch eine Illusion – das waren sehr stark Siegbert Janko und ich – der wir da aufgesessen sind. Wir haben immer gesagt, es geht darum, bei den Strukturen des Stadtteils anzusetzen und darauf abgestimmt, Angebote zu entwickeln, die unter Umständen anders aussehen müssen, anders aussehen können wie Dinge, die im Zentrum oder meinetwegen auch in einem ganz anderen Stadtteil sind, weil es zwischen Urfahr und Ebelsberg sozialstrukturell und und und große Unterschiede gibt. Das ist nicht zentral machbar, das kannst du nur über eine dezentrale, hauptberufliche Struktur meines Erachtens umsetzen. Dazu kommt natürlich auch, dass die Entwicklung weitergeht. Die Volkshäuser stehen halt jetzt irgendwo und dann hat sich die Bevölkerungsstruktur dort geändert, dann gibt es plötzlich eine Überalterung und und und. Also ich bin nicht dagegen, aber sie sind auch nicht ganz unproblematisch. Zum Beispiel von den Bibliotheken her gibt es in der Zwischenzeit eine völlig andere Philosophie. Die haben wir uns vor allem in England angesehen, in London, die haben dort die Libraries, also die klassischen Stadtteilbibliotheken, in einigen Stadtteilen, das sind Stadtteilentwicklungsprogramme, aufgelöst, und haben so genannte Idea-Stores gegründet. Die sind im Kern ähnlich wie der Wissensturm, eine Verbindung von Library und Adult-Education-Center – Volkshochschule in dem Sinn gibt es ja nicht – toll ausgestattet und – das ist jetzt das interessante – stellen dort diese Idea-Stores entweder neben Shopping-Centers oder tun sie in Shopping-Centers hinein. Das heißt, die Philosophie die dahinter steht, ist, mit solchen Leistungen dort hin zu gehen, wo die Leute sowieso sind, oder auch aus anderen Gründen hingehen, und nicht dort, so wie es bei uns bei vielen Volkshäusern ist, wo man extra hingehen muss und vielleicht sogar noch suchen muss, dass man den Anbieter findet. Das ist eine Philosophie, die hinter dem schon erwähnten Zweigstellen-Entwicklungsplan steht, und wo ich natürlich verstehe – ich bin ja auch ein politischer Mensch – dass jetzt ein Bürgermeister oder die Politik damit keine Freude hat, dass die sagen, jetzt haben wir diese Infrastruktur, teilweise funktioniert es nicht so richtig, und jetzt gehen dann die eigenen Einrichtungen auch noch heraus und die Frequenzen werden dadurch noch schlechter, wie es in einzelnen … da habe ich völliges Verständnis dafür. Aber aus einer kulturellen oder institutionellen Sicht, jetzt in dem Fall vor allem der Bibliothek, wäre es der richtige Weg, da bin ich sehr überzeugt davon.

Niederschwelligkeit und Barrierefreiheit in dem Sinne?

Hubert Hummer: Das spielt da mit, ja, und auch Zeit. Zum Teil ganz triviale Dinge. Wenn ich das mit dem Einkauf verbinden kann, den ich sowieso tätigen muss, ob ich will oder nicht, dann ist es einfacher, dass ich in die Bibliothek auch gleich noch gehe, als wenn ich mich wieder ins Auto setzen muss und fünf Kilometer weiter fahren muss oder mit dem Bus oder wie auch immer, dann hat sie vielleicht gerade nicht offen, und alle diese Dinge.

Es gibt eine ganze Reihe von Stadtteilvereinen und -initiativen in Linz, die auch in kultureller Hinsicht tätig sind. Welche Maßnahmen könnte die Stadt setzen, jetzt abseits einer verstärkten Förderung, um denen die Arbeit zu erleichtern?

Hubert Hummer: Nicht dass ich darin jetzt ein Allheilmittel sehe, und man müsste es sich ansehen, aber diese Existenz von dezentralen – es ist egal, wie du es nennst, das sind alles ein wenig antiquierte Begriffe – KulturarbeiterInnen, also hauptberuflichen Leuten, die vor Ort sind, könnten den Vereinen natürlich viel Unterstützung geben, wenn es eine gute Kooperation gibt. Vom Organisatorischen angefangen, weil die hätten auch ein anderes Know-How, ohne das abwertend zu meinen, weil da gibt es absolute Profis unter den ehrenamtlichen Vereinsarbeitern, da möchte ich jetzt nichts darüber kommen lassen, aber es macht halt zeitlich und aus anderen Gründen einen Unterschied, ob ich das irgendwie nebenbei mache oder ob das mein Hauptgeschäft ist, bis hin zu Öffentlichkeitsarbeit, wo ein Konzept dahinter steht, dass das dann auch entsprechend kommuniziert wird und von der städtischen Kommunikation unterstützt wird. Dann bekämen diese Initiativen natürlich eine ganz andere Öffentlichkeit wie sie sich diese jetzt oft notdürftig selbst verschaffen oder verschaffen müssen. Das ist eine Ebene. Eine andere, die aber eh versucht wurde und wo immer die Frage ist, wie weit das Bewusstsein bei der Zielgruppe selbst da ist, dass das einen Sinn macht, sind Qualifikations- und Ausbildungsmaßnahmen. Die sind durchaus probiert worden, mit wechselndem Erfolg, weil es ja auch dann darum geht, dass die Leute das Angebot in Anspruch nehmen. Aber das wäre eine zweite Schiene. Wir haben auch da im Haus – ein paar Jahre lang ist das ganz gut gelaufen – Vereinsmanagement-Lehrgänge angeboten, genau mit der Zielsetzung, jetzt nicht bezogen auf den Stadtteil unbedingt, sondern generell, Leuten, die dort ja zum Teil eine tolle Arbeit machen, ein wenig mehr Handwerkszeug mitzugeben und ihnen damit vielleicht die Arbeit zu erleichtern und das zu verbessern. Das wären zwei Punkte. Die Förderung, das hast du angesprochen, ist sowieso zwangsläufig notwendig. Nur dort fängt das Problem an in einem gewissen Sinne, weil was fördert man dann, nach welchen Kriterien?

Inwieweit könntest du dir vorstellen, bestimmte Formate, die vor allem auf den innerstädtischen Bereich konzentriert sind, in die Stadtteile zu bringen? Ich nenne jetzt ganz bewusst das LinzFest, wenn das als Stadtteil-Kulturfestival ausgerichtet werden würde? Wäre das schlecht?

Hubert Hummer: Diese Ideen haben wir auch gehabt, die haben wir auch diskutiert. Ich glaube, dass die danebengehen würden. Es ist ja ein bisschen versucht worden, selbst beim LinzFest oder beim Pflasterspektakel ist es ein bisschen probiert worden, jetzt nicht auf die Stadtteile, aber doch das stärker zu verbreitern. Ich glaube, dass das schon sehr stark davon lebt, dass es konzentriert ist und quasi die Infrastruktur – ich meine jetzt die Wirtshäuser und alles, was dann im Innenstadtbereich konzentriert ist … wie sage ich denn? So wie ich das bei Leuten erlebe, die zum Pflasterspektakel gehen, da ist das halt irgendwie eine – ein blöder Begriff – ganzheitliche Geschichte. Da gehört dann das Bier im Klosterhof noch dazu und das ist wahrscheinlich auch der Umstand, dass da dann viele Leute konzentriert sind. So sehr das lästig sein mag in einzelnen Fällen, aber das gehört zu diesem Erfolg des Pflasterspektakels, was jetzt die Besucherzahlen betrifft, meine ich, da rede ich jetzt von der Quantität einmal, irgendwie dazu. Wenn du das zu stark auf zu große Räume aufteilst, dann dünnst du es auch aus und dann fallen viele der Effekte weg. Davon halte ich persönlich nicht sehr viel. Ich glaube, man muss sich gut überlegen, was das Zentrum braucht, damit es erfolgreich ist, und was kann man in den Stadtteilen entwickeln. Das Gelbe Haus wäre so ein Beispiel. Ich habe es am Anfang gar nicht kapiert, aber dieser Verbindungsaspekt, der da offensichtlich nicht so schlecht – ich war ein paar Mal draußen – aufgegangen ist, das ist gut überlegt gewesen.

Ich dachte mir am Anfang, wie ich das Programm gesehen habe, wie dieses Plakat gekommen ist, dass das viel zu viel ist und nicht funktionieren kann.

Hubert Hummer: Genau, das war auch meine Reaktion. Ich habe mir gedacht, das ist ein Gag, weil du es auf der Autobahn siehst, aber das war es dann. Ich war nicht so oft draußen, aber doch einige Male, und da ist viel entstanden. Das war irgendwie abgestellt, wer immer das entwickelt hat, auf diese Situation mit der Überplattung, mit den zwei Stadtteilen, die eigentlich lange Zeit getrennt waren. Ich denke, der Zugang ist da notwendig, also wirklich zu schauen, was – das ist jetzt ein ganz ein anderes Beispiel wie das Pflasterspektakel natürlich – ist dort möglich, was kann, was braucht der Stadtteil in einem gewissen Sinne, wie können dort Entwicklungen, das betrifft jetzt nicht nur den kulturellen Bereich, aber auch den kulturellen Bereich, in Gang gebracht werden?

Letzte Frage. Wenn man über Stadt und Stadtteile diskutiert, dann hört das immer beim Stadtrand auf. Wenn wir einen kurzen Blick darüber hinaus werfen, auf die umliegenden Gemeinden, auf die Stadtregion …

Hubert Hummer: Das ist ein spannender und wunder Punkt.

Was fällt dir da dazu ein? Könnte irgendetwas getan werden, um die Zusammenarbeit zwischen der Stadt Linz und den umliegenden Gemeinden zu verbessern?

Hubert Hummer: Das könnte man jetzt natürlich ein wenig sarkastisch beantworten, aber der erste Punkt ist, wenn ich nur von der „eigenen“ Einrichtung ausgehe, dass ein Drittel unserer Leute nicht aus Linz kommt, sondern ein Drittel der Bibliotheksbenutzer und ein Drittel auch der Volkshochschule-Besucher kommen aus den Umlandgemeinden. Das ist einmal eine Feststellung. Ein zweiter Punkt ist, dass es die Diskussion gibt, kulturelle Leistungen nur für Linzerinnen und Linzer anzubieten. Ich persönlich glaube, dass das nicht geht. Ich glaube, dass eine Landeshauptstadt Aufgaben hat, die darüber hinaus gehen. Ich finde es schon legitim, dass man sagt, wir haben unsere Einwohner, von denen bekommen wir die Steuern und denen sind wir in erster Linie verpflichtet, aber eine Landeshauptstadt oder eine Bundeshauptstadt hat einfach eine gewisse Funktion, genereller Motor der regionalen Entwicklung zu sein, weil sie halt einfach mehr Möglichkeiten hat. Abgesehen davon, dass du es eh nicht umsetzen kannst, oder nur in Teilbereichen, in der Musikschule geht das vielleicht. Es hat auch da die Diskussion gegeben, der Englischkurs kostet für Leondinger mehr wie für Linzer, und das habe ich immer erfolgreich abgewehrt, weil das halte ich letztlich für ein Unding. Ich verstehe noch – da erhalten wir auch viele Beschwerden – dass man sagt, es gibt einen Aktivpass und das ist eine Linzer Sozialleistung, das gibt es dann logischerweise nur für Linzerinnen und Linzer und nicht für einen Leondinger, auch wenn der das nicht versteht, weil er sagt, er ist auch arbeitslos. Solche Fälle haben wir viele, aber dort sehe ich es ein. Aber im kulturellen Bereich da irgendwelche Abschottungen zu treffen, über welche Mechanismen auch immer, ob das der Preis ist oder sonst etwas, das halte ich für rückschrittlich. Jetzt könnte man sagen, das Problem wäre leicht lösbar, indem man – und ich bin tatsächlich überzeugt, dass das geht, aber vielleicht sage ich auch einen völligen Blödsinn – jetzt völlig abgesehen von der kulturellen Situation sehr viele Gemeinden im Umfeld von Linz eingemeinden müsste. Das ist eine große Akkumulation, ich halte das eigentlich für provinziell, was da passiert. Ich meine, dass das de facto nicht durchsetzbar ist, wissen wir. Bei der letzten Frage, wo könnten wir unter Umständen besser kooperieren, da habe ich auch keine wirklichen Vorschläge oder Modelle.

Danke für die Antworten. Ist dir noch irgendetwas abgegangen?

Hubert Hummer: Nein. Ich meine, vielleicht das eine, wo ich sicher auch für den kulturellen Bereich eine sehr große Herausforderung sehe und wo wir auch probieren, das im Haus sehr ernst zu nehmen und aufzugreifen, ist diese ganze Frage Migration, Integration, die ja auch gerade in kultureller Hinsicht meiner Meinung nach ein unglaubliches Potenzial in sich birgt, wenn man mit dem produktiv und offensiv umgehen kann. Weil ich meine, das ja auch bereichernd ist, wenn da unterschiedliche Traditionen, unterschiedliche Kulturen, bei allen Problemen, die man nicht weg diskutieren kann und weg diskutieren sollte, aber … und wenn man sich die Prognosen von Rainer Münz ansieht, dann weiß man, welche politische Dimension dort drinnen steckt, das zu gestalten. Und das halte ich für eine ganz zentrale – nicht nur für Linz – Herausforderung der nächsten Jahre, auch im kulturellen Bereich. Wobei man da eben aufpassen muss. Ich glaube, dass es eben nicht darum geht, jetzt einmal in dem Volkshaus einen bosnischen Abend zu machen und dann nächste Woche in Dornach einen türkischen, das kann auch sein, aber das ist natürlich nicht unbedingt gemeint.

Danke für das Interview.

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